Wien d. 3 März 1856
Meine liebe Emilie,
es wird nichts werden mit dem schönen Plan, den ich hatte! die Dame, wo ich wohne hat nur Platz im Schlafzimmer zu einem Bett, also müsste man ein Zimmer extra für Dich miethen, ferner kostet dann der Mittagstisch, kurz, Alles das Doppelte, und das macht die Sache enorm theuer. So muß ich denn verzichten, und in Ruhe den Herbst abwarten. Schwer wird’s mir werden in London! einen Trost habe ich an Henrietten, die mich von Hull aus zuweilen besuchen wird, und <d> an deren Freunden ich immer einen Anhalt habe, passirt mir irgend Etwas. |2| Ich danke Dir, meine theuere Emilie, tausend Mal für Deine Liebe.
Gestern hatte ich mein Abschiedsconcert – zum Drücken voll und Beifalls genug. Es gelang mir Alles herrlich, wie selten!
Prag d. 6 März
Nicht eher als heute konnte ich zur Beendigung dieser Zeilen kommen! heute erhielt ich auch Deinen hierher adressirten Brief, den Wiener hatte ich auch erhalten.
Ich habe hier heute Concert gegeben und wollte Morgen fort, aber man läßt mich nicht, |3| ich muß Sonntag d. 9ten noch Eines geben; dann aber muß ich bestimmt zurück; ich bin jetzt wirklich ganz zu Ende mit aller Krafft!
Daß ich Dich nicht in London haben kann, ist mir recht h[art] [a]ber es erhöht meine Kosten zu sehr, was mir namentlich Frau Baronin Eichthal bestädtigte; nicht allein in Kost und Wohnung, sondern vielen anderen Dingen!
Noch einmal laß Dir ┌ein┐ danken, meine Mila! Im Herbst, so Gott will sehen wir uns – bis dahin, und weiter behalte lieb
Deine getreue
Clara.
Mutter, Elisen, Lina, herzlichste Grüße.
|4| Ihro Wohlgeboren
Fräulein
Emilie List.
Neue Amalienstr.
Nro 89.
in
München.
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