23.01.2024

Briefe



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ID: 26767
Geschrieben am: Montag 08.02.1869
 

London d. 8ten Febr. 69.
304 Regent Street. W.
Meine liebe Emilie,
ich hätte so gern Deinen Brief, auf den ich lange gehofft hatte, gleich beantwortet, es war aber unmöglich. Du weißt wie mein Leben im Winter ist, und daß mir kaum zum Nöthigsten die Zeit wird. So wird’s denn auch heute nicht viel, aber ich wollte doch nicht länger anstehen, Dir zu sagen wie mit herzlichster Theilnahme ich von dem abermaligen Kranksein Elisen’s gehört.
Gott sei Dank, wißt Ihr doch daß Dasselbe immer |2| in kurzer Zeit wieder gehoben ist. Ich kann mir aber denken wie Euch oft traurig zu Muthe ist mit dem Gedanken an Elise. Obgleich man sich erst erschrickt, daß sie die Reise das zweite Mal machen soll, so war es doch das Beste, daß Ihr bleibt und sie wiederkehrt, denn nach Rom kommt man nicht leicht zum zweiten Male. – Noch nie in meinem Leben habe ich Lust dahin verspürt u. nur erst jetzt nach Deinem Briefe ist mir der Gedanke wirklich gekommen, daß ich doch auch einmal hin möchte. |3| Glaube ich nun auch, daß ich mir meinen Aufenthalt u. Reisekosten verdienen würde, so wäre das jetzt doch nicht genügend für mich u. ich muß daher wohl warten bis in einigen Jahren, wo ich die Anstrengungen des Hin u. Herreisens doch nicht mehr so aushalten kann. Ich denke fest an Wien für später, und von dort aus ’mal nach Rom. – Daß die Hellwig sich Euch nicht freundlich erwiesen, thut mir recht leid, denn ich weiß ihre Bekanntschaft wäre Euch gewiß ein Gewinn mehr gewesen.
Von uns kann ich Dir so weit Gutes berichten. Von Julie wißt Ihr selbst |4| wie viel besser es ihr geht. –
Ich bin hier wieder mit wahrem Enthusiasmus aufgenommen worden – wirklich wie man nur einen Liebling aufnimmt. Du kannst Dir denken, daß mir das große Freude macht, – nur fürchte ich, daß ich die Anstrengungen nicht oft mehr aushalte. Wir haben hier einige sehr liebe Freunde gewonnen, so daß wir auch dadurch mehr u. mehr an London attachirt werden.
Bitte, liebe Mila, schreibe mir, so bald Du kannst unter obiger Adresse, wie es mit Elisen geht, ich bleibe hier sehr wahrscheinlich bis Ostern.
Mit den innigsten Grüßen an Euch Deine alte treue Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: London
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: Rom
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
481ff.

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides 117a/b;
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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