Berlin d. 8ten Jan 76.
Liebe Emilie,
ich hätte Dir schon auf Deinen lieben Neujahrswunsch geantwortet, wenn ich nicht gar so viel zu schreiben gehabt hätte. – So muß ich <leider[?]> denn, um ┌<D>┐ nicht gar zu saumselig zu erscheinen, heute an Dich dictiren. Von Herzen erwiedere ich Deine guten Wünsche. Möchtet Ihr doch der Sorgen etwas lediger werden, wie thürmen sie sich bei Euch doch auch immer auf! – Gieb mir doch, wenn auch nur per Karte, Nachricht, wie es dem Kinde geht u. versichere Lina meiner herzlichsten Theilnahme.
Die Handschrift von Luther würde uns ein Schatz sein |2| und bitte ich Dich sehr sie für uns zu verschaffen u. mir dann zu schreiben was ich dafür geben soll. Du kennst jetzt ja unsern Handschriftenbesitz besser als ich. –
Von uns kann ich Dir ziemlich Gutes sagen namentlich hatten wir auch von Felix ganz leidliche Nachrichten. Er hat uns zu Weihnachten mit einem ersten Versuche, einem Trauerspiel überrascht; das ist nun wohl nichts Besonderes, jedenfalls ist aber doch Manches darin was Talent verräth. –
Frau Joachim geht es recht schlecht. Sie hat wirklich eine schwere |3| Prüfung zu tragen. Sie hat sich stark erkältet, dabei immer gesungen u. plötzlich war die Stimme ganz matt. Der Arzt erklärt es für eine nervöse Halskrankheit u. sagt, sie dürfe unter einem halben Jahr weder singen noch unterrichten. Sie thut mir schrecklich leid deshalb, und ist selbst sehr muthlos.
Jetzt sitze ich so ziemlich ruhig hier, werde sehr beredet zu einem Concert, bin aber noch nicht entschieden. Wie lang wird’s dauern dann rüsten wir wieder für England.
Nun leb’ wohl, liebe Emilie, grüße alle die Deinen recht herzlich u. sei selbst umarmt von Deiner
alten
Clara.
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