Sehr geehrter Herr Kapellmeister!
Da ich bis Jetzt mich noch nicht in Besitz einer Resolution über den übersendeten Text von Ihrer Seite befinde, so fühle ich mich verpflichtet, Sie zu benachrichtigen, daß ich bereits darüber verfügt habe. Ein junger, talentvoller Componist, Herr Musikdirector Marpurg aus Königsberg, welcher, in Leipzig anwesend, den König der Berge zu lesen bekam, war von dem Texte so enchantirt, daß er mir sogleich in beziehung darauf Anerbietungen machte. Da ich aber nun Ihnen das Libretto angeboten, so setzte ich einen Termin, um eine etwaige Antwort von Ihnen abzuwarten. Dieser ist nun gestern verstrichen, und ich habe, genöthigt, das Gewisse vorzuziehen, den König der Berge an Herrn Marpurg verkauft. Sie werden das einem Schriftsteller nicht verübeln, der bei den jetzigen Zeiten froh sein muß, ein derartiges Geschäft zu machen. Ich ersuche Sie daher, mir den Text mit Nächstem zurückzusenden. Vielleicht hat Sie die Art und Weise seiner Fassung so angesprochen, daß eine Verbindung mit mir Ihnen nicht unerwünscht ist. Schreiben Sie mir in diesem Falle Ihre etwaigen Ansichten über einen guten Operntext; ich werde streben, Ihren diesfallsigen Wünschen bestens nachzukommen. Textstoffe habe ich in Masse vorräthig, und könnte Ihnen, wenn Sie wünschen, einige Skizzen übersenden. In der Hoffnung hierüber in bälde eine geneigte Antwort zu erhalten, zeichne ich hochachtungsvoll ergebenst
Julius Eduard Hartmann
Schriftsteller
Leipzig d. 1/7 51.
Adresse: Brühl, Leinwandhalle, 2 Trep[pen]
Sr. Wohlgeboren
Herrn Kapellmeister R. Schumann
in
Düsseldorf.
Frei.
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