Geliebter Meister!
Verehrter Freund!
Unter einem Stoss von Briefen, die sich bei meiner Rückkunft vorfanden, war auch ein versprochener, den ich denn als Fortsetzung schönster Stunden hastig eröffnete. Wie freute ich mich über Wärter und Adler! Sie sind <ein> Jemand, der nichts sagen kann, ohne es im Augenblick unbewußt auch gleich erfüllt zu haben; der Wunsch nach " Streckversen „ ward un-ter Ihrer Hand zum Polymeter. Es steht nun noch zu erwarten, dass ich vom jungen Adler nächstens erfahre: er habe sich auf einige Schafe des Platt-Landes gestürzt und sie züchtigend verzehrt, oder noch lieber: er habe <sich>, ein verwandelter Gott, einige Jünglinge in die Region der Begeisterung mit emporgehoben. Leider scheint auch ersteres bisweilen nothwendig! Ich schicke Ihnen inliegend einen Brief aus dem Plattland, der Ihnen am besten selbst seinen Gehalt andeuten wird, und ich füge meinestheils nur hinzu, dass ich Ihnen überlasse, wie weit sein Inhalt musikalisch zu berücksichtigen sei; ich kenne die Düsseldorfer Verhältnisse zu wenig, um ohne Sie darüber zu urtheilen, und werde den Herren des Comité in diesem Sinne antworten. Meine Bitte um baldige Aufklärung werden Sie wohl gewähren. Einstweilen verbleibe ich mit den herzlichsten Grüssen an die lieben Ihrigen, also auch an Johannes, in Freundschaft und Verehrung
Ihr
Joseph Joachim.
Hannover, am 16ten Oktbris 1853
Auf den heutigen (Sonntag-) Vormittag freue ich mich; er ist Ihrem Concert geweiht.
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