Bester Herr Doctor!
Für Ihre freundlichen, herzlichen Zeilen, die ich freilich erst Gestern erhielt, sage ich Ihnen tausend schönen Dank. Daß ich gar nicht einmal an einen Ersatz der Auslagen gedacht habe, glaube ich Ihnen schon gesagt zu haben, und somit wissen Sie, daß ich vollkommen zufrieden bin; hat es mir doch die größte Freude gemacht, ein paar solche Tage mit Ihnen bei dieser Gelegenheit wieder verleben zu können! Glauben Sie mir, verehrter Herr Doctor, daß alle Ihre freundlichen Worte, Ermahnungen und Aufmunterungen nicht an mir verschwendet sind. Sie sehen, daß ich mich in dieser Woche mit Ihrer Sinfonie beschäftigt habe; das Arrangement des erstes Satzes lege ich jetzt in Ihre Hände, und bitte Sie, den Rothstift nicht zu sparen; ich habe mir alle Mühe gegeben, doch habe ich wahrscheinlich hie und da einige Male die Wirkung verfehlt, da ich das Werk ja nie gehört habe. Es spielt sich, wie mir scheint nicht zu schwer. Noch soeben habe ich den Satz mit Reimers‘ Bruder durchgespielt, und mich an der prächtigen Schönheit des Werkes unendlich erbaut. Möchte ich es einigermaßen Ihren Ansprüchen gemäß für’s dürftige Piano bearbeitet haben! Ich warte mit Ungeduld auf den zweiten Satz, da mir die Arbeit unendliche Freude gewährt. Verzeihen Sie mir, daß das Manuscript nicht besser zu lesen, ich werde beim nächsten Satze auch darauf etwas mehr Sorgfalt verwenden.
Mit herzlichsten Grüßen, zugleich an Ihre Frau Gemahlin
ganz der Ihre
Carl Reinecke
Köln. d. 25 Mai 1851.
[BV-E, Nr. 4203:] C. Reinecke. [beantwortet:] NB [Versand:] fr. [Bemerkungen:] X
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