Donnerstag den 18ten September 1850.
Verehrtester Herr und Freund!
Mich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin bestens empfehlend, frage ich hiermit ergebenst an, ob Sie die Güte haben wollen, uns, zur Aufführung in unsren Sinfoniesoiréen (womöglich schon für die erste am 23 October) Partitur und Stimmen Ihrer Ouvertüre zur Genoveva zu übersenden? Sie würden mir eine große Freude damit machen, und Ihnen selbst dürfte es auch nicht unangenehm sein. Es wäre uns recht lieb, so zeitig als möglich darüber Ihre Antwort, mit den gewünschten Noten zu erhalten. Kann ich auch darauf rechnen, sollte ich später noch die Aufführung Ihrer 2ten Sinfonie bewerkstelligen können, die Stimmen dazu von Ihnen zu erhalten? Oder haben Sie gar etwa eine dritte neue in petto? Sie können Sie [sic] mir schon anvertrauen. Ich werde mir alle Mühe damit geben. – Hoffentlich befinden Sie sich in Ihrem neuen Wirkungskreise à votre aise. Ich denke mir wenigstens, daß Sie dort mit Ihrer Frau Gemahlin auf Händen getragen werden. Damit hält’s hier in Berlin schwieriger. Die Leute sind immer hier mehr bereit, einen mit Füßen zu treten. Doch der vir justus u. tenax macht sich nichts daraus. Indem ich Ihrer baldigen meine Wünsche erfüllenden Antwort entgegen sehe, füge ich für heut nur noch die Notiz hinzu, daß wenn Sie im Lauf Ihrer Concerte einmal daran denken können, von mir etwas aufzuführen, ich Ihnen dazu meine letzte Sinfonie in h moll empfehle, welche bis zur Wintersaison publicirt sein wird. Mit freundlichstem Gruße, und aufrichtiger Hochachtung
Ihr ergebenster
W. Taubert.
[BV-E, Nr. 4004]
|