Dresden, Amalienstrasse No. 8.
Am 18. Januar 1842.
Verehrter Herr Doctor!
werthester Freund!
Zuvörderst meinen eben so schuldigen, als herzlichen Dank für das gü¬tig zugesendete Honorar, davon ich Ihnen die complettirenden 20 ggl. [sic] gutgeschrieben habe. Nächstdem gebe ich Ihnen schon jetzt meine besten Wünsche für die Erreichung Ihrer gewiß mehrartigen Zwecke bei Ihrer nahen Reise zum Geleite; möge mir es nun bis dahin noch glü¬cken oder nicht, Sie „mündlich zu sehen“, wie Jener schrieb. Es wäre freilich charmant, wenn Sie Sich für den nächsten Sonnabend (d. 22. d.) hierherdämpfen liessen, um einmal so ein Hartung’sches Concert mit an¬zuhören. Solo-Leistungen sind: 3 Gesänge (ist zu viel) seiten der Toch¬ter des (älteren) Capell-Hornisten Haase; 2 Clavierstücke (ist auch nicht zu wenig) seiten des jungen Blassmann, nämlich ein Mendelssohn’sches Capriccio, und Thalbergs Phantasie über die Serenade und die Menuett aus Don Juan. Diese Sachen würden Sie vielleicht, als Dilettantenvor¬träge, minder interessiren; aber es kommen auch schöne Orchestersa¬chen vor: Haydn’s G-Symphonie mit dem C-Marsche, die Ouvertüren zu Jessonda und zum Bergkönig: die letztere, wie sie gesetzt ist, mit vier |2| Trompeten. Hartung will sich in der Chaise hintragen lassen, aber ans Dirigiren kann er sich noch nicht wagen. Er läßt für Ihr gütiges Andenken Ihnen schönstens danken. Ihre Symphonie verschiebt sich, viel Ungeduld weckend, bei solchen Umständen bis zum 7ten Abonne-mentsconcerte. Auf den Fall Ihres Hierherkommens bittet auch Herr KMus. Dotzauer, ihn mit Ihrem Besuche – und wäre es Ihnen auch nur auf kurze Zeit möglich – zu beehren; er wünscht sich Ihre persönliche Bekanntschaft. Von ihm habe ich auch die Angabe der heutigen Opernorchester-Besetzung, wie sie beikommendes vergleichendes Täfelchen angiebt. Dieses schafft vielleicht dem kleinen Aufsatze die Ehre des Ab¬druckes, so wie dem grössern diese zu versprechen ist durch die, in mein¬en Augen gar nicht uninteressante Correctur aller musikgeschichtlichen Bücher über den Ort, wo die erste deutsche Oper gegeben worden, nebst den näheren Umständen bei ihrer Aufführung, über deren höchst karge Meldung in Geschichtswerken freilich zu klagen ist. Was das Uebrige dieses Aufsatzes betrifft, so werden Sie bei aufmerksamem Lesen finden, daß gar Manches darin vorkommt, was theils noch gar nicht gedruckt, theils mindestens bisher noch nicht in eine Darstellung des besprochenen Gegenstandes eingewebt worden ist. Daher achte ich ihn nicht blos für einen Lückenbüsser. Das Wichtigste dazu danke ich jedoch allerdings dem vortrefflichen Wer[ke] Winterfelds über J. Gabrieli und sein Zeitalter, in welchem weit mehr enthalten ist, als der Titel meldet. |3| Wahr aber ist es, daß W. die ganze Sache so gewaltig weitläufig bespricht, daß man erst, nachdem man sie sich in nucem gebracht, recht klar darüber wird. Es bleibt aber natürlich ganz Ihrem Ermessen anheimgestellt, ob der Ab¬druck meine Mühe lohnen solle, oder nicht; denn dieß zu beurtheilen, ist niemals die Sache des – immer ein wenig partheiischen – Verfassers.
Aus Zelenka’s G-Messe (vom J. 1712) habe ich mir das ganze Gloria ab – und in heutige Schreibweise umgesetzt, und die gewaltige 7stimmige Fuge Qui tollis nochmals für die Dreyssig’sche Akademie neu edirt, wo sie wahrscheinlich künftige Woche bei einem sogenannten „historischen“ Concerte mit vorgetragen werden wird.
Um Ihre fortdauernde Gewogenheit herzlichst
bittend bleibe ich
Ewr Wohlgeboren
treuergebenster
Albert Schiffner.
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