Hochgeehrtester Herr,
Ihr vielseitiges Wirken in Kunst und Wissenschaft läßt mich eine Bitte wagen. Schon lange trachte ich nach einem Opernbuch; einige junge Dichter, mit denen ich mich deshalb in Verbindung setzte, nahmen mir die Sache zu flüchtig; andere, bessere haben wieder keine Kenntnisse vom Musikalischen. Vor Kurzem las ich nun den Corsar von Lord Byron – meine große Lust, mich im Dramatischen zu versuchen, erwachte wieder, und ich dachte daran, ob Sie Sich vielleicht zu einer musikalisch-dramatischen Behandlung des Gedichtes geneigt finden lassen würden. Eine Abänderung bedürfte meiner Meinung nach nur der Schluß; im Uebrigen fügt sich Alles wie von selbst zu einer dreiactigen Oper. Fänden Sie Zeit zu so einer Arbeit, wie froh würde ich sein. Ich würde dann in den nächsten Tagen selbst zu Ihnen kommen, das Nähere mit Ihnen zu besprechen. Einstweilen erfreuen Sie mich vielleicht mit einer Zeile Antwort, ob Sie auf meine Bitte überhaupt Rücksicht nehmen können; eine Vereinigung wegen der übrigen Bedingungen würde dann nicht schwer sein.
In aufrichtiger Hochachtung
Euer Wohlgeboren
ergebenster
Robert Schumann.
d. 2ten Juli 44. Inselstraße No. 5.
|