23.01.2024

Briefe



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ID: 7499
Geschrieben am: Donnerstag 16.08.1855
 

Dusternbrook d. 16 Aug 1855
Meine liebe Frau Brahms,
so eben schreibt mir Johannes, daß er sich sehr freuen würde den Plutarch zu besitzen, wahrscheinlich haben Sie die Bücher schon wieder erhalten, und <w> nun wollte ich Ihren lieben Mann bitten zu Meyer zu gehen, und Ihm dafür ┌bis┐ 10 Mark zu bieten, und will er nicht, es etwa einen Tag anstehen zu lassen, und dann noch einmal darauf zu bieten, dann im Nothfall etwa 12 Mark. Sollte Johannes die zwei Bände aber noch nicht zurück gesandt haben, so könnte Ihr lieber Mann doch zu Meyer gehen und mit Ihm handeln. Da Meyer jedoch weiß, daß es für mich, so ist’s vielleicht besser Fritz geht das zweite Mal hin, als wie für sich das Werk verlangend, der bekömmt’s vielleicht dann billiger. |2| Freilich müßte Ihr lieber Mann dann vorher die beiden Probebände zurückgegeben haben. Recht lieb wäre es mir doch könnte ich es billig bekommen, 6 rh finde ich aber viel.
Von mir, meine liebe Freundin, kann ich Ihnen wenig oder nichts Gutes sagen, ich fühle die Trennung von Johannes zu schmerzlich, und lebe das einsamste Leben von der Welt. Düsternbroock ist schön, das ist wahr, doch je schöner, desto wehmüthiger stimmt’s mich, daß ich allein es genießen soll ohne den heißgeliebten Mann, und den theuersten Freund, den ich auf der Welt habe, und das ist mir Johannes. Wäre er bei mir, wohl würde ich es gern hier aushalten, nun, hat er aber Stunden, befindet sich zu Hause ganz gemüthlich, da wäre es doch Unrecht, risse ich Ihn heraus. Ich hoffe aber ernstlich, die liebe Elise einige Tage hier zu haben, konnte aber bis jetzt |3| noch nichts Genaueres über die Preise ect. hier erfahren, da ich meine Rechnung erst nach Ablauf der Woche bekomme. Wollen Sie aber nicht vorläufig mit dem Arzt sprechen, ob Elise nicht hier baden dürfte? die Bäder sind so mild und ruhig, wie im Fluß, und meiner Freundin Frau Frege thuen sie für ihr Kopfweh außerordentlich gut. Schaden könnte es Elisen doch sicherlich <z> nicht.
Sie hatten mir den Tag in Hamburg so gemüthlich gemacht, daß ich mich hier doppelt einsam fühlte, obgleich meine Freundin mich erwartete; hätte ich sie ganz allein haben können, so wäre es besser gewesen, aber sie hatte <einen> Freundin, Hauslehrer, Arzt, Gouvernante <u. A.> um sich, so daß ich mir die einsamen Augenblicke mit Ihr abstehlen mußte. Wie glücklich sind wir Armen doch, daß wir all solch Anhängsel’s nicht bedürfen, das raubt Einem |4| ja nur die Freiheit.
Wollen Sie, liebe Frau Brahms wohl so freundlich sein mir bald wieder ein paar Worte zu schreiben, wie es mit den Büchern geworden, was der Arzt wegen Elise gesagt ect. ect.
Tausend herzliche Grüße Ihnen Allen von
Ihrer
treu ergebenen
Clara Schumann.
NB: Ich schreibe der Sicherheit wegen unfrankirt – wollen Sie es auch so thuen.
Wenn Ihr lieber Mann die Bücher zu Meyer trägt, so wäre es wohl gut sich den Titel genau aufzuschreiben, damit er nicht etwa dann später eine andere weniger gute Ausgabe bekömmt.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsternbrook
  Empfänger: Brahms, Christiane, geb. Nissen (2092)
  Empfangsort: Hamburg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2330-2333

  Standort/Quelle:*) A-Wgm, s: Brahms-Nachlass, Briefe 307/2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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