Dresden d. 2 Octbr. 1849
Lieber Herr Avé,
haben Sie Dank für Ihre freundliche Einladung, doppelt freundlich, als Sie uns ein Asyl in Ihrem Hause boten, das wir mit Freuden annehmen; zum ersten Concerte jedoch können wir nicht kommen, indem ich erstens hier vor Weihnachten mit Schubert drei Soireen angekündigt, zweitens mein Mann in Leipzig das Einstudieren seiner Oper versprochen hat – so wird es denn wohl nicht eher als zum 16 Febr. oder 16 März 1850 gehen. Bis wann müssen Sie unsere genaue Bestimmung (zu welchem von Beiden wir kommen) wissen? ein neues Orchesterwerk hat aber mein Mann nicht, er hat jetzt sehr viel für Chor und Orchester, Mehreres was recht gut einen zweiten Theil ausfüllte, geschrieben, ferner ein<en> neues Concert-Allegro für Clavier und Orchester, doch wie gesagt, ein reines Orchesterwerk nicht. |2| Was eine Soiree beträfe, so wäre uns das natürlich ganz erwünscht, denn die Reise nach Hamburg würden wir doch wohl unter 10–12 Tage nicht machen können, und versäumen wir hier Manches. Fatal ist es mir Ihnen wegen des Honorars schreiben zu müssen, doch Sie wünschen es, und daher erwähne ich es heute mit. Ich meine 25 Louisd’or ist wohl nicht zu viel, wenn Sie bedenken, daß ja schon die Reisekosten nicht unbedeutend sind – wir rechnen dabei natürlich noch auf eine Soiree, denn ohne diese würden wir noch Schaden haben, da ich hier täglich Stunden versäume, und mein Mann in der Zeit nichts arbeiten kann, auch ein Verlust, den Sie gewiß zugeben. Wir würden eben die Reise nach Hamburg nur gern unternehmen, um Sie und alle anderen lieben Freunde einmal |3| zu sehen, und mit Ihnen zu musicieren.
Sie schrieben mir gar nichts von Harriet Parish, ob sie wohl wieder in Hamburg angekommen? Ihr Besuch hier in Dresden, war mir eine recht liebe Ueberraschung, und doppelt freute ich <da> mich, daß sie gerade zur Aufführung des Faust von meinem Manne kam. Grüßen Sie sie recht freundlich von mir, auch Nannette Falk, deren letzten Brief ich noch nicht beantwortet, was sie mir nicht übel nehmen soll, denn meine Zeit ist oft sehr in Anspruch genommen.
Für heute sage ich Ihnen Adieu; grüßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich, Robert läßt Ihnen Beiden das Schönste sagen, und ich grüße Sie noch besonders freundlich als
Ihre
ergebene
Clara Schumann.
|4| NB: Mein Mann sagt mir eben, ich möchte unser Kommen noch nicht zu bestimmt versprechen, indem man doch eigentlich jetzt noch nicht bestimmen könne, was man im Februar oder März vornehmen will, daher, lieber Herr Avé, haben Sie die Güte, und bestimmen mir den längsten Termin, wo Sie unsere Entscheidung haben müssen. Ich theile Roberts Ansicht, denn auch ich mache nicht gern Pläne so lange voraus – es kommt dann immer anders, als man gedacht! –
Nochmals schönsten Gruß und Dank! –