Leipzig, den 9ten Februar 1838
Gnädigstes Fräulein,
Ihr Gruß hat mich mit großer Freude erfüllt. Thut doch jede Theilnahme wohl, doppelt und mehrfach, wenn sie aus einem echten Künstlerherzen kömmt. Der Wege durchkreuzen sich so viel, daß man die einzelnen, die Freude brachten, nicht aus dem Auge lassen darf – und deshalb möchten Sie Sich auch meiner erinnern manchmal, wie ich noch wenige Minuten vorher, ehe ich Ihr gütiges Schreiben empfing, mich warm genug gegen einen Freund über einige Ihrer Kompositionen ausgesprochen hatte. Es scheint, Sie lesen die Zeitschrift erst seit Kurzem, sonst würden Sie Ihren Namen schon manchmal angetroffen haben. Ich erlaube mir Ihnen hier noch einige Blätter beizulegen; möchten Sie darin nur die Sympathie für Ihr seltenes Talent, so auch das Streben, nach unparteiischen Grundsätzen geurteilt zu haben, nicht verkennen!
Durch den Umzug nach Wien werden Sie der musikalischen Welt um so viel näher gerückt, daß er nur von den schönsten Folgen für Sie sein kann. Darf ich Ihnen auch meinen Glückwunsch zu der Veranlassung dieser Vertauschung Ihres Wohnortes bringen?
Clara Wieck werden Sie schwerlich noch in Wien treffen; doch ist es ihr so wohl ergangen, daß sie es wohl im nächsten Jahr noch einmal besuchen wird. Die schüttet’s wie aus goldenen Eimern; das Außerordentlichste werden Sie hören und das liebenswürdigste Mädchen überdieß kennen lernen.
Daß Sie mein Carnaval reizen mag, begreife ich wohl; es sieht ja im Künstlerherzen manchmal wunderlich aus, und die schreienden Dissonanzen, wie sie das Leben zusammensetzt, mildert die versöhnende Kunst, wie sie oft auch wieder die Freuden in dunkle lange Schleier einhüllt, daß man sie nicht so offen sehe.
Aufmerksam erlaube ich mir Sie, mein verehrtes Fräulein, noch auf zwei meiner Compositionen zu machen; es ist eine Sonate (op. 11) und zwei Hefte Davidsbündlertänze (op. 6), beide unter den Namen Florestan und Eusebius erschienen; da habe ich denn viel geschwärmt, als ich sie schrieb, und es hängen selige Gedanken daran.
Doch genug für diesmal. Vielleicht vergönnen Sie mir, Ihnen einmal wieder Nachricht geben zu dürfen. Es ist ein Schwung in unserem Musikleben, wie wohl niemals, und da könnte ich Ihnen denn oft Neues bringen, das Sie erfreuen sollte.
Empfehlen Sie mich Hrn. Mozart; ich schreibe dies nicht ohne Bewegung, wie Sie Sich wohl denken können. Sagen Sie ihm, daß ich seiner so oft und so gern gedacht hätte.
Ihrem Andenken, Ihrem Wohlwollen empfehle ich mich auf’s Neue. Könnte ich bald wieder von Ihnen hören!
Ihr
ergebenster
Robert Schumann.
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