Wien d. 8 April 1860
Lieber Joachim,
heute habe ich eine Bitte an Sie. Ich erhielt gestern Brief von Broadwood, durch welchen Mr Chappell mir zwei Engagements für die Popular-Concerte anbietet. Broadwood schreibt mir, es würde sehr gut sein, wenn Mr Chappell überhaupt sich für mich interressieren wollte, und ich möchte Ihm doch meine Interressen in die Hand geben. Es war immer schlimm für mich in London, daß ich eigentlich Niemand hatte, der sich für mich interressirte. Nun meine Bitte: wollen Sie so bald als möglich einige Zeilen an Mr Chappell schreiben und Ihn bitten, daß er sich meiner bei meiner nächsten Anwesenheit annimmt? ich that es heute schon selbst, doch, so befreundet, wie Sie mit Ihm sind, können Sie das noch besser thuen. Meiner Ehre treten Sie damit sicherlich nicht zu nahe, denn ein Jeder der London kennt, findet wohl natürlich, daß eine Dame eines männlichen Beistands dort sehr bedarf. Ich denke doch, es ist derselbe, Mr Arthur Chappell 50, New Bond Street? Haben Sie aber irgendwie Bedenken, so thuen Sie es nicht, ich nehme es Ihnen nicht übel. Meine Abreise von hier ist noch ungewiß. Am 16ten ist der Rose Pilgerfarth [sic] am Clavier, und da sucht man mich zu bereden zu bleiben und das Clavier zu übernehmen. Ich kämpfe noch sehr – thäte es so gern, nur kostet es mich so viel Zeit. Wenn ich wirklich nach London gehe (ich habe leider noch keine Logie, da Busby’s ihr Haus ganz aufgegeben haben), so sehe ich Sie gegen Ende April – Sie sind dann doch noch in Hannover? Bitte, lassen Sie mich bald von Sich hören ich verlange sehr darnach. Stockhausen kommt Uebermorgen – er giebt am 12ten ein Concert mit Orchester, und singt nur Arien. Am sichersten Sie adressieren nach Berlin.
Mit innigem Gruße
Ihre
Cl. Sch.
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