23.01.2024

Briefe



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ID: 9306
Geschrieben am: Dienstag 23.09.1862
 

Guebwiller d. 23 Septbr. 1862.
Liebe Frau Riggenbach,
sollte ich ordentlich ausholen mit dem Danke, der mir auf dem Herzen liegt, wo sollte ich anfangen? lassen Sie mich Ihnen und Ihrem lieben Manne einfach mit einem recht herzlichen Händedruck noch einmal den innigsten Dank aussprechen. Wie haben Sie uns den Aufenthalt in Bipp zu einem so gemüthlichen geschaffen! wie manche Nachsicht mit mir gehabt! wie bitter empfand ich den Abstand hier! gewiß thuen Schlumberger’s Alles, was in ihren Kräfften steht, es |2| fehlt mir auch äußerlich an Nichts hier, aber, wo die Leute selbst nicht gemüthlich, da bleibt auch Alles kalt, und können Sie Sich denken, was ich innerlich durchkämpfe, wenn ich aushalte. Wie war das Zusammenleben mit Ihnen und dem lieben Freunde so erquicklich – ich lebe noch ganz in der Zeit, und werde es noch lange.
Mein Arbeiten hat mit gestern begonnen, die Stunden nämlich; ich selbst konnte bis heute keinen Ton spielen, es war, als könne ich keinen Finger bewegen, als komme kein schöner Klang in mich, so traurig war ich. Ich bin’s auch noch, doch thue ich mir alle Gewalt an, ich muß mich ja aufraffen!
Daß ich Sie und Kirchner noch wiedersehe, <ich> ehe ich nach |3| Deutschland zurückkehre, ist mir eine schöne Hoffnung. Letzterer sprach mir davon, daß er vielleicht komme! –
Jetzt habe ich nun auch mit Stockh. wegen des bewußten Briefes gesprochen: der ist vom Rigi nach Luzern in’s Hôtel Rigi geschickt worden, von da, weil Stockh. nicht dort wohnte, zurück auf’s Postamt, von Diesem wahrscheinlich nach Wiedlisbach, als dem Ort, von wo aus er abgegangen, zurückgesandt, wollen Sie Sich also dort erkundigen lassen [sic]. Ich hoffe, Sie erhalten ihn noch wieder.
Ende der Woche werde ich wohl ’mal nach Baden fahren wegen des Hauses – Stockh. ist Viardot’s einen Besuch schuldig, und reist dann mit mir. Er läßt Sie grüßen, und behauptet, |4| er habe durchaus nicht kommen können. Ich fand Ihn nicht, als ich hier ankam, da er auf der Jagd war, und erst Abends 6 Uhr, also zwei Stunden vor Beginn des Concerts <> zurückkehrte; in’s Concert ging ich natürlich nicht – das hätte ich wahrlich an dem Tage nicht über mich gebracht; anderen Morgens sah ich Ihn also zuerst. Er thut mir Alles zu Gefallen, was er kann, aber, aber – Sie wissen, was ich sagen will.
Meine Kinder empfehlen sich dankbarst Ihnen Allen, sagen Sie auch den lieben Eltern das Schönste von uns, vor allem seyen Sie und Ihr lieber Mann auf das herzlichste gegrüßt, und, sollte ich Sie irgendwie ’mal verletzt haben, etwa ’mal eine Rücksicht versäumt haben, so seyen Sie versichert, daß mein Herz davon nichts wußte.
Schreiben Sie mir bald, bitte, und gedenken Sie freundlich Ihrer getreu ergeb Cl. Schumann
Den Kindern Allen meiner und der Mädchen Grüße.




"... Meine Arbeit hat auch gerade begonnen, die Stunden nämlich; (ich selbst konnte bis heute keinen Ton spielen, es war, als könne ich keinen Finger bewegen, als käme kein schöner Klang in mich, so traurig war ich. Ich bin’s auch noch, doch thue ich mir alle Gewalt an, ich muß mich ja aufraffen!!!"
"...Er thut mir Alles zu Gefallen, was er kann, aber, aber – Sie wissen, was ich sagen will..."
"Sollte ich Sie irgendwie ’mal verletzt haben, etwa mal eine Rücksicht versäumt haben, so seyen Sie versichert, daß mein Herz davon nichts wußte..."
Kat. Erasmushaus 844: April 1987, S. 54, Los 243 (gekürzt)

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Guebwiller
  Empfänger: Riggenbach-Stehlin, Margaretha (2787)
  Empfangsort: Schloss Bipp
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
841-844

  Standort/Quelle:*) unbekannt; Kopie in CH-Bu, s: G III 29
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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