Baden d. 27 July 1866
Jetzt ist es schon wieder über vier Wochen, daß wir nichts von Ihnen, liebster Joachim, wissen! ich kann nicht länger anstehen Sie zu bitten, sagen Sie mir nur durch ein paar Worte wie’s Ihrer Ursi geht? wo Sie sind? bitte! keinen Brief will, nur wenig Worte genügen ja uns wissen zu lassen was uns so sehr am Herzen liegt. Dann sagen Sie nur noch, ob Sie meine Zeilen zum 28 Juni erhalten haben? ich erhielt Ihren letzten Brief gerade an dem Morgen Ihres Geburtstages, als ob Sie mir hätten einen Geburtstag bereiten wollen! – Es ist mir doch schrecklich <von> in jetziger Zeit von den liebsten Freunden nichts zu wissen! Hier leben wir noch immer ganz ruhig, doch ist die Rede davon daß die Preußen auch nach Baden kommen, obgleich man nicht viel von ihnen fürchtet hier, da die Feindschaft mit Baden doch nicht von Innen ausgeht. Ach, wären Sie doch hier, was hätten Sie in der schönen Natur doch so manches Labsal <fin> gefunden, dazu für Ihre liebe Frau das schöne Clima, Fichtennadelbäder ect. Johannes ist noch in Zürich – ich kann es ihm nicht verdenken, daß er’s sich dort nun ’mal ernstlich ansieht. Musicirt habe ich jetzt öfter mit dem Becker’schen Quartett – es ist noch lange, lange keine [sic] Joachim’sches, aber ein frisches, lebendiges <Steben,> Streben in den Leuten, und sie selbst sehr angenehm, obgleich Zweie davon Italiener mit Denen man nicht viel sprechen kann, weil sie nur sehr wenig französisch verstehen. Sie haben hier 6 Unterhaltungen gegeben, in Denen man ein sehr kleines aber dankbares Publikum fand. Nun, lieber guter Joachim, seyen Sie nicht bös, daß ich wieder komme, aber ich sehne mich zu sehr von Ihnen zu wissen.
1000 Grüße Ihnen Beiden von
Ihrer
Cl. Sch.
Hier grüßt Alles!
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