23.01.2024

Briefe



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ID: 10007
Geschrieben am: Donnerstag 04.08.1870
 

Baden-Baden d. 4 August 1870.

Lieber Stockhausen,
da ich mir denke Sie warten auf die Rücksendung Ihres Liedes, so will ich Ihnen heute gleich antworten. Das Lied gefällt mir ganz gut, es ist frisch und kräftig, ich denke es mir auch gleich von Ihnen gesungen. Das D Dur wüsste ich nicht warum streichen? es paßt sehr gut zu den Worten. Einige Kleinigkeiten aber, die mir aufgefallen sind, will ich Ihnen, da Sie es wünschen offen mittheilen. Fürerst würde ich des Rhythmus halber zwei Tacte Vorspiel machen, etwa ohngefähr so: XXXX (es klingt kräftiger nicht gebunden sondern frei angeschlagen) oder auch anders, wie Sie es lieber mögen. Machen Sie nur einen Tact Vorspiel, so giebt es gleich zu Anfang eine Phrase von 5 Tacten, was mich unangenehm berührt. Tact 3 ist die Octave das e’ verdoppelt nicht wohl klingend, wie wäre es wenn Sie es so machten? XXXX Tact 7 ist mir das Punctirte in beiden Händen lieber. Tact 14 ist mir nicht ganz recht, daß Sie auf dem D die Hauptmelodie schon haben das ich mir, nicht<eher> unmittelbar vorher dagewesen effectvoller auf dem „Räuber“ „Hahn“ und als Schluß denke. Wäre es z. B. so: XXXX Ich finde, daß dann das D auf dem „Räuber“ viel schlagender wirkt. Im letzten Tact würde mir F statt A: XXXX kräftiger klingen, und auch die Octave mit der Begleitung wegfallen. Es wäre alsdann auch vielleicht kräftiger die Begleitung so: XXXX Was das Nachspiel betrifft, so brächte ich Dieses ganz am Schluß, vorher zwischen den Versen nur immer die 2 Tacte. Da fällt mir aber noch ein ich vergaß Ihnen statt so: XXXX vorzuschlagen, lieber mit B im Bass in der Mitte, und oben ohne F' in der Mitte, also: XXXX Das wären so meine kleinen Bedenken. Ich muß Ihnen aber offen bekennen, daß mich das Gedicht wenig anspricht. Ich verstehe das mit dem „gallischen Jahr“ nicht, der Kaiser hat ja immer Alles in seinem Wappen – nicht so? dann ist noch Eines was mir nicht zu Sinne will, daß Sie als Elsässer dieses Lied veröffentlichen, oder ist das nicht Ihre Absicht? Entschuldigen Sie meine Offenheit - ich habe vielleicht unrecht, es ist nur so meine Empfindung. Für Ihre Einladung danke nochmals schönstens! Jedoch, gehe ich von hier fort, so suche ich mir möglichst kräftige Luft, Diese ist mir vor allem nöthig. Einstweilen bleiben wir aber noch hier. Mit den besten Wünschen für Sie Beide und die kleine Geburtstägerin besonders

Ihre
alt ergeb
Clara Schumann

Es wäre mir lieb zu erfahren, ob Ihnen Dieses richtig zugekommen?

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Stockhausen, Julius (1547)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
727 - 730

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Nachl. Stockhausen 34
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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