23.01.2024

Briefe



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ID: 10068
Geschrieben am: Freitag 18.11.1870
 

Berlin d. 18 Nov. 1870.
3 Köthner Strasse Parterre
Lieber Freund,
mit dem Es dur Concert bin ich eben so gern einverstanden als mit dem C moll oder G dur. Aber schlimm ist es mit einem Solo! die Eroica Var. finde ich wohl interressant, aber dennoch nicht passend vor der Eroica Symphonie, von den kleineren Stücken von Beethoven kenne ich Keine die mir als Concert-Vortrag geeignet erschienen bei |2| solch ’ner Feyer, wo man doch gern das Großartigste in jedem Genre giebt. Ich finde in Bremen haben sie eine sehr gute Idee gehabt, indem sie in Ermangelung eines passenden Solo’s, und vor allem auch, weil Frau Joachim abgeschrieben, einen Chor aus den Ruinen von Athen singen lassen, und mich baten die Fantasie mit Chor zu spielen. Das finde ich ausgezeichnet, wie passend gerade zu solch ’ner Gelegenheit! Ueberlegen Sie doch dies ’mal! ich will mir übrigens noch ’mal |3| die von Ihnen erwähnten Sachen verschaffen und durchsehen. Muß <es> denn das Solo von Beethov. sein? haben Sie nur Beethoven’sche Sachen?
Einen Flügel bringe ich mit, wenn Sie Keinen in Hamburg etwa irgend wo haben von Steinway oder Lipp? welche Stimmung? tiefe wohl? Kosten soll Ihnen das Instrument nicht verursachen, nur das Aufstellen Desselben, und dann freilich die Bemühung wegen freyer Einfuhr! –
Herzlichen Dank wegen |4| Ihres Anerbietens im Petersburg Hôtel, aber dem Comitee noch derartige Kosten zu verursachen wäre mir doch peinlich – das begreifen Sie gewiß! –
Ich fürchte Frau Joachim der es im Ganzen gut geht, wird sich doch sehr schonen müssen, und glaube ich nicht, daß Sie auf sie vor Weihnachten rechnen können. Ich will ihr aber Ihre Bitte morgen vortragen.
In Breslau habe ich abgeschrieben – zu solch ’ner Hetzjagd habe ich nicht mehr die Kräffte, |5| will auch nicht mit halber Krafft Beethoven feyern.
Es freut mich, daß Ihnen Emma Brandes so wohl gefallen! mir ist sie sehr lieb in persönlichem wie künstlerischem Wesen. Da kann man sich doch ’mal wieder erquicken an einer in jeder Hinsicht wohlthuenden Erscheinung. Diese hat gewiß eine schöne Zukunft. Welche Freude und Genugthuung für Schmitt.
Nun Adieu lieber Avé. Ich freue mich herzlich Sie Alle bald zu sehen.
Ihre
treu ergeb
Clara Schumann.
|6| P. S.
Ich habe keinen Blüthner in Leipzig gespielt, sondern aus alter Freundschaft Haertel – es war mir aber ein Opfer, obgleich das Instrument mir so gut gefiel, wie Keines früher v. Haertel. Ich kann einen schönen Steinway v. Frankfurth der herrlich geklungen, auch einen Lipp von hier auch einen Klemms haben. Letzteren habe ich hier – er ist sehr brillant – ich will sehen wie er am 27ten klingt, wo wir (Joachim und ich) ein Concert hier haben, das uns selbst Freude machen wird. Adio! –
Ist Ihre öffentliche Probe Donnerstag? haben Sie vor Dieser noch Eine – man muß doch mit dem Orchester etwas studieren! –
Ihre Nichte hat uns besucht, aber keine Adresse hinterlassen – wie ist Diese?
Verzeihung für flüchtige Schrifft.



  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Berlin
  Empfänger: Avé-Lallemant, Theodor (121)
  Empfangsort: Hamburg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 24
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Norddeutschland / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Michael Heinemann, Anselm Eber, Jelena Josic, Thomas Synofzik, Ute Scholz und Arend Christiaan Clement / Dohr / Erschienen: 2025
ISBN: 978-3-86846-034-6
217-220

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6540-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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