Kiel d. 7ten März. 1875
Hohe Laasch. –
Liebe Frau Fellinger,
ich komme heute mit einer unbescheidnen Bitte, die ich nur wage in Betracht mir stets bewiesenen Freundlichkeit und in der Voraussetzung, daß Sie mir wie einer Freundin es ganz offen sagen, wenn Ihnen meine Bitte zu erfüllen nicht paßt.
Frl. Fillunger, welche augenblicklich in Berlin mit meiner Tochter Eugenie zusammen wohnt, während ich mich mit Marie hier zu einer Cur für meinen Arm aufhalte, ist engagirt zur Matthäuspassion in Elberfeld Ende nächster Woche. Dieselbe fängt ihre Carriere erst an und ist noch ganz unbemittelt, aber aus guter Familie in Wien und, wie Sie selbst finden werden, recht begabt. – Sie errathen nun wohl meine Bitte, die |2| darin besteht, ob Sie sie für die Tage (wahrscheinlich zwei) bei sich aufnehmen möchten? – Sie ist ganzlich [sic] anspruchslos und dürfen Sie sich nicht erschrecken über ihre Häßlichkeit – sie ist ein ganz tüchtiges Mädchen. – Um nicht unnöthig Zeit zu verlieren, bitte ich Sie Ihre Antwort an meine Tochter Eugenie nach Berlin. In den Zelten 11. zu richten, wonach dann im Fall Ihres Ja’s Frl. Fillunger Ihnen selbst schreiben wird. –
Eugenie wird mir Ihre Antwort jedenfalls zuschicken u. bitte ich daher, daß Sie mir darin auch einige Nachrichten über sich und die lieben Angehörigen zukommen laßen. |3| Die Cur, welche ich hier gebrauche, scheint günstig anzuschlagen und will ich sie jedenfalls bis Ostern noch fortsetzen. – Sagen Sie mir auch wie es Ihrer lieben Mama geht von der ich jetzt öfters mit Frau Prof. Michaelis hier spreche.
Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u den lieben Mann
Ihre
getreu ergebene
Clara Schumann.
Ich kann jetzt täglich wieder 2 Stunden spielen, nur schreiben darf ich gar nicht.
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