Frankfurt a/M d. 14 Septbr. 85.
Lieber, verehrter Freund,
von ganzem Herzen erwiedere ich Ihrer u. Ihrer lieben Frau treueste Geburtstagwünsche – möge auch Ihnen das nächste Jahr nur Gutes bringen! ich gratuliere Ihnen Beiden, Sie sind ja Eines, ich weiß die liebe Frau nimmt gern die Wünsche mit an. Wir waren vorgestern erst zurückgekehrt, u. sind noch auf dem Lande bei meinen Kindern Sommerhoff. Möchte uns doch der Herbst noch etwas holder sein, aber, es scheint nicht so, u. Sie suchen gewiß bald das Winter-Quartier auf. Ich hoffe, ich höre bald, daß es Ihnen und Ihrer theueren Frau gut geht? wäre nur nicht das Berliner rauhe Clima so ungünstig für Letztere!
Uns Allen geht es gut, d. h. kleine Leiden abgerechnet. Wir (Marie u. ich) haben aber viel Arbeit den Sommer gehabt, u. zwar durch das Ordnen einer Anzahl Jugendbriefe meines Mannes, die ich jetzt herausgebe. Ich habe mich nur auf eine kleine Anzahl beschränkt, die aber doch ein ziemlich abgerundetes Bild der Entwicklung des Jünglings zum Manne geben. Ich glaube, Sie werden an Manchem auch Freude haben, wie wir sie in hohem Maaße genossen bei der Arbeit. Mit nächster Woche beginnt unsere
Schulthätigkeit, und das ist mir sehr lieb – es giebt nichts befriedigenderes im Leben als Arbeit.
Mögen Sie, lieber, verehrter Freund, noch recht lange die Frische und Kraft behalten mit der Sie so Viele beglücken, und behalten Sie und Ihre liebe Frau immer ein wenig lieb
Ihre
Ihnen von ganzem
Herzen
ergebene
Clara Schumann.
Marie grüßt Sie Beide angelegentlichst. Eugenie ist i. d. Schweiz, kommt auch bald zurück.
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