23.01.2024

Briefe



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ID: 10888
Geschrieben am: Dienstag 01.05.1877
 

Berlin d. 1 Mai 1877.
11, i. d. Zelten.
Liebste Emma,
ich hätte Ihnen schon früher gedankt, aber ich wollte Ihnen gern etwas ausführlich schreiben, was nun aber doch nicht möglich wird, da ich ganz enorm in Anspruch genommen bin. Vor allem nun herzlichsten Händedruck für Ihre |2| freundliche Ueberraschung durch den schönen Zwieback. Es war gar so lieb von Ihnen, daß Sie dieser meiner Schwäche gedachten.
Sehr bestürzt war ich zu hören, daß Sie so viele Sorgen durchgemacht haben! Gott sey Dank, daß es jetzt wieder besser geht, aber, liebste Emma, schonen Sie sich, spielen Sie nicht zu schwere Sachen! ich kenne das Streben, das Schwerste zu lernen, zu bewältigen, das Interresse dabei, |3| das Einen immer und immer fesselt, aus Erfahrung. Ich bin gewiß, oder war wenigstens sehr kräfftig, aber ich habe mir mit den gewaltig schweren Sachen, von Brahms besonders, doch sehr geschadet. Seyen Sie doch ja recht vorsichtig, Liebste, es ist doch wichtiger, Sie erhalten sich dem Manne, dessen ganzes Glück Sie sind, und den lieben Kindern, als daß Sie sich an den schwersten Compositionen abarbeiten, Ihre Nerven ruiniren, und, wofür?
|4| Mit England weiß ich nicht wie es später werden wird! – Der Janotha die jetzt hier ist, werde ich zureden nach England, nur muß sie dann ihr Repertoir sehr vergrößern. Sie hat mich jetzt dermaßen gequält sie wieder bei mir spielen zu lassen, daß ich schließlich „Ja“ sagen mußte, so sehr es mir auch wider die Neigung geht, denn ich mag sie nicht, sie ist durch und durch falsch, durchtrieben, wo es ihren Vortheil gilt, und launisch u. eingebildet. Hier, <wo sie> bei Mendelssohn’s, wo sie 4 Wochen gewohnt, die sie auf Händen getragen, hat sie sich so undankbar betragen, daß sie sie nicht mehr sehen wollen. Sprechen Sie aber weiter nicht darüber, ich möchte nur daß Sie den Grund meiner Abneigung wüßten. –
Düsseld. ist leider wieder sehr in den Hintergrund getreten! – Heute ist mein Felix auf die Universität nach Zürich abgegangen – Eugenie, der es sehr gut geht, bleibt noch etwas in Meran.
Marie grüßt schönstens.
Nun noch die wärmsten Grüße an Sie lieben Beide von Ihrer
Clara Schumann

[Umschlag]
Frau
Emma Engelmann.
geb. Brandes.
in
Utrecht.
(Holland.)
Frei

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Berlin
  Empfänger: Engelmann, Emma, geb. Brandes, Emma (422)
  Empfangsort: Utrecht
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
580ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.ep. Schumann, K. 81
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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