Wildbad Gastein d. 29 Juni 1878
Bei Moser.
Lieber Joachim,
glauben Sie nicht, daß ich den Festtag gestern vergessen hätte, aber es schwebte wirklich ein Verhängniß über einem Gruß an Sie. Ich kam am 27ten spät Abends nach Salzburg, von wo ich am Morgen des 28ten an Sie thelegraphiren wollte. Leider verschliefen wir uns und wurden kaum mehr fertig zur Abfahrt nach Lend. Ich nahm mir nun vor sofort nach meiner Ankunft in Gastein Ihnen noch am selben Tage zu schreiben, dort aber erwartete uns die Unannehmlichkeit, daß wir die reservirte Wohnung nicht behalten konnten und sofort nach einer Anderen (es war schon Abends) herumlaufen mußten, erst gegen 10 Uhr endlich todtmüde uns einrichteten. Gerade von Salzburg, Ihrem Lieblingsaufenthalt aus, hätte ich Ihnen so gern meine wärmsten Glückwünsche gesandt – nun ist mir dies so vereitelt worden, und Sie mußten glauben, ich hätte Ihrer nicht wie immer gedacht! Wir suchten recht nach Ihrem Haus beim Abfahren von Salzburg – ich dachte wir kämen vorüber, aber vergeblich. Hoffentlich haben Sie den Tag heiter mit den lieben Ihrigen gefeiert, diesmal waren Sie doch noch beisammen, nicht wahr? – Ich denke mir Ihre Frau geht wohl erst mit dem Eintritt der Ferien nach Salzburg? wie ist dort eigentlich Ihre Adresse? wohnen Sie nicht in Aichen? Hier ist es schön, aber lange möchte ich nicht bleiben müssen – es ist doch gar so sehr eingeschlossen, wenn auch großartig genug, um einen zu fesseln. In München waren wir einige gemüthliche Stunden mit Levi – das war das Beste von der Reise. Leider habe ich Sie in Kiel nun nicht gesehen! es wirkten verschiedene Zufälligkeiten zusammen, so daß ich es aufgeben mußte. Ich hoffe hier für meine Nerven und Arm-Muskeln gute Wirkung – die Luft ist herrlich stärkend. Leben Sie wohl, lieber Joachim. Alles Gute für Sie und die theueren Ihrigen von Ihrer Cl. Sch.
Marie sendet auch ihre herzlichen Glückwünsche.
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