Frankfurt d. 4. Okt. 83.
Lieber Joachim!
Nicht wenig erstaunt war ich von Berlin aus Ihre Nachrichten zu empfangen, wärend [sic] ich Sie hier stündlich erwartete. Die Täuschung wurde aber in etwas gemildert durch Ihre Mittheilung dass wir Sie doch am 19ten hier sehen u hören. Allerdings könnten wir dann Alles wegen der Soiré [sic] besprechen, aber, da ich gerne schon jetzt meine Stücke für Berlin vorbereitete, um mich kurz zuvor mit üben nicht zu sehr zu ermüden, so bestimmte ich doch gern die Hauptsachen, ich dachte also ungefähr
so:
1. Sonate mit Violine Brahms.
2. Gesang
3. Solo Violine (vielleicht etwas von Bach)
4. Symphonische Etüden Schumann.
5. Gesang
6. Solo von Ihnen.
7. Einige kürzere Stücke Klavier.
oder so:
1. Symphonische
2. <Gesang> Violine Solo
3. Gesang
4. Sonate Brahms.
5. Gesang
6. Solo Geige
7. Solo Klavier.
(Die Symphonischen bringen vielleicht das Publikum besser in Stimmung.) Was meinen Sie? u was denken Sie über den Gesang? Sollten wir es ohne Gesang machen? u etwa das Programm ganz anders machen, z. B. dass ich mit einer Sonate von Beethoven Op. 109 etwa beginne, in der Mitte einige Solos, oder Variati serieuses von Mendelssohn u am Schluss dann das Quintett von Schumann, was alle Leute immer gerne hören Dann spielen wir doch eine grosse Nummer zusammen, hätten freilich mehr Kosten, denn honorieren müßten wir jedenfalls. Ich habe es lange nicht in Berlin gespielt, dann glaube ich brauchen wir keine Sängerin es wird dann lang genug. Wo geben Sie Ihr Orchesterconcert? Doch nicht im Schauspielhaus Saale? Da klingt es schlecht. Schließlich noch eine Bitte: lesen Sie die letzte Seite des inliegenden Briefes u erfüllen Sie die Bitte der Herren, Dieselben schicken mir das Instrument auf eigne Kosten, es ist also wohl recht u billig dass ich <Ihnen> ihnen den Gefallen thue, so weit ich es kann. Und nun, was spielen Sie hier? Soll ich nicht einmal wieder Ihre Variationen hören? Welche Symphonie machen Sie in Ihrem Concerte? wäre es die IIIte so hätte ich eine ganz besondere Bitte dabei. – Das soll Sie aber nicht bestimmen. Den Brief können Sie nachdem Sie sich Notiz genommen (den inliegenden nämlich) vernichten. Herzliche Grüsse lieber Joachim, u. Entschuldigung für das Dictat (Mangel an Styl und schöner Handschrifft machen sich den Rang streitig). Ich muß aber gar sehr meinen Arm schonen.
Ihre
alte
Clara Sch.
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