23.01.2024

Briefe



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ID: 11886
Geschrieben am: Sonntag 30.11.1884
 

Frankfurt d. 30. Nov 84.
Liebe Emma!
Endlich von Ihnen selbst ein Wort zu hören, war mir sehr erfreulich – Ich konnte es gar nicht begreiffen dass Sie so gänzlich still schwiegen. Leider höre ich nun von Ihnen, dass Ihr lieber Mann so leidend ist, was ich ja gar nicht ahndete! Wäre nur jetzt nicht das so sehr wechselnde Wetter, so hätte ich Sie einmal besucht, aber ich muss mich zu einer kleinen Fahrt ebenso rüsten u verwahren, wie zu einer |2| grossen Reise. Neulich, als ich im Museum Quartett spielte, hatte ich so eine leise Hoffnung, Sie würden kommen, es war aber nichts; ich spielte die Fis-moll Sonate von meinem Manne, u hätte gar sehr gewünscht, Sie hätten sie gehört. Leider büsse ich aber jetzt, vielleicht auch durch hinzugetretene Erkältung, dass ich schon seit 14. Tagen gar nicht spielen kann und grosse Schmerzen im rechten Arm habe. Ich würde die Sache mit mehr Ruhe tragen, hätte ich nicht den Leipzigern |3| meine Mitwirkung am 13t Dezember versprochen. Der Arzt glaubt, es werde noch gut, u so will ich noch nicht alle Hoffnung aufgeben, zudem etwas Besserung doch eingetreten ist. Sie sehen hieraus dass ich Ihren Wunsch, mir zuzuhören, für den Augenblick nicht erfüllen könnte. Wären Sie nicht Frau und Mutter, dann hätte ich Ihnen vorgeschlagen einen, durch Zufall frei gewordenen Platz, in meiner Classe einzunehmen, u alle Woche einmal herüber zu kommen |4| und mir vorzuspielen, aber wie gesagt, dazu muss man nicht Pflichten haben, wie Sie. Lassen wir mal erst Weihnachten vorüber, dann kann ich es doch vielleicht einrichten Ihnen alle 14. Tage eine Stunde zu widmen, obgleich, wie Sie ja wissen, ich keinen Privatunterricht jetzt gebe, so lange ich noch hie u da zu Concerten Engagements annehme. Mit dem Zuhören ist es so eine schwie[r]ige Sache, da ich gar keine bestimmte Zeit für meine Studien habe; wol versuche ich Nachmittags |5| von 4 – 1/4 vor 5. für mich festzuhalten (zum Spielen) aber, wie oft, werde ich abgehalten! Da kann man doch Niemanden von Wiesbaden herüberkommen lassen! Nun liebe Emma, ich hoffe doch dass Ihr armer Mann sich bald so weit erholt, dass Sie uns mal besuchen können; dann schreiben Sie es mir, damit wir genau Tag und Stunde festsetzen, Sie könnten es dann so einrichten, dass Sie mit dem Zuge vor Tisch kämen und mit uns |6| zu Mittag ässen, vielleicht an einem Sonntag? – Ich denke, vorausgesetzt, dass ich überhaupt nach Leipzig kann, am 16t Dez. zurück zu sein, und dann schenken Sie uns vielleicht den darauffolgenden Sonntag den 21.sten?
Sie brauchen mir aber jetzt noch nichts zu bestimmen, ich möchte auch Ihren Mann nicht gerne beunruhigen.
Seien Sie Beide herzlichst gegrüsst von
Ihrer alt ergeb
Clara Schumann.
An Beckeraths schönste Grüße und auch von den Kindern an Sie!

[Umschlag]
Frau Professorin
Emma Engelmann
Wiesbaden.
10. Frankfurterstrasse.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Engelmann, Emma, geb. Brandes, Emma (422)
  Empfangsort: Wiesbaden
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
636ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.ep. Schumann, K. 111
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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