23.01.2024

Briefe



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ID: 11956
Geschrieben am: Freitag 24.07.1885
 

Wildbad-Gastein d. 24 Juli 1885.
Liebe Emma,
Sie sehen, wir sind noch hier, u. eben erhalte ich Ihre Karte, die mich recht erschreckt hat, denn ich dachte mir die Genesung Ihres lieben Kindes viel vorgerückter! Das Kind hatte gewiß die Krankheit v. Wiesbaden mitgebracht – ich habe noch einige Fälle gehört von dort! Ob nur Beckerrath’s fort sind? ich hörte es. Sie Arme, was mögen Sie durchgemacht haben, und wie nöthig der Erholung bedürfen! Wenn es nur erst wieder soweit besser ginge, daß Sie mit dem Kinde fort könnten! und, |2| wohin werden Sie dann Ihre Schritte lenken? sollte Ihr theuerer Mann nicht drei Monate länger Urlaub erhalten, um sich erst ganz wieder zu stärken? das scheint mir doch so wichtig! –
Wir reisen nun am 1ten Aug nach: Obersalzberg bei Berchtesgaden, Pension Moritz, und dorthin bitte ich Sie nächstens wieder einmal um eine Karte. Neulich schrieb mir Jemand, ich glaube Brahms war es, Sie gingen nach Berchtesgaden? ist daran ein Gedanke?
Jetzt habe ich noch eine Frage: in den |3| Briefen meines Mannes kommt einmal der Satz vor: (scherzhaft natürlich gemeint) „Du willst aus mir wohl einen Misritz machen?“ Niemand weiß was das heißt, Marie sagt aber, sie habe von Ihnen mehrmals gehört, daß Sie gesagt haben: „Reinecke sey ein Miesnick“. ist dem so? und, was bedeutet der Ausdruck? es liegt uns sehr daran es zu wissen, bitte, sagen Sie es mir. – Ich hoffe wir sind jetzt bald im Reinen mit Haertel – die Correspondenz ist immer hin u. her gegangen. Nun muß es ent-|4|schieden werden.
Wir können kaum die Stunde unserer Abreise erwarten – es war so schrecklich langweilig hier, wir kannten keinen Menschen u. sind nun schon 4 Wochen so ganz auf uns angewiesen. Gehen können wir nicht viel, arbeiten soll man nicht viel, wir haben es aber doch, mit Maaß, gethan, denn, wahrlich ganz ohne Arbeit kann ich nicht existiren.
Nun leben Sie wohl, der Himmel schütze Sie, lasse vor allem das arme Kind bald genesen.
Ihre
alt ergb
Clara Schumann.
Marie grüßt sehr.

[Umschlag]
Frau Professorin
Emma Engelmann.
geb. Brandes
in
Neubukow.
Mecklenburg.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Wildbad-Gastein
  Empfänger: Engelmann, Emma, geb. Brandes, Emma (422)
  Empfangsort: Neubukow
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
649-652

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.ep. Schumann, K. 120
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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