Frankf. d. 5 Octbr. 1889.
Liebster Joachim,
spät kommt mein Dank für Ihre lieben Zeilen zu meinem Geburtstag, aber, Sie können denken, welche vielfachen Verpflichtungen mir derselbe brachte. Ich hatte wirklich Wochen lang zu thuen (d. h. zu schreiben) um nur da zu danken, wo ich keine Nachsicht in Anspruch nehmen konnte, wie man es von lieben Freunden gewöhnt ist. Also, späten aber herzlichsten Dank, auch dem lieben Johannes u. der Frau v. Beulwitz für alle guten Wünsche. Wie freut mich, daß wir sichere Aussicht haben Sie im Jan. hier zu sehen! ich hoffe dann sehr mit Ihnen etwas musiciren zu können. Einige Engagements habe ich wohl angenommen, überlasse es der Zeit, ob ich sie erfüllen kann. Immer noch habe ich die Freude Engagements-Anträge von allen Seiten zu bekommen, aber auch die Qual, sie ablehnen zu müssen! Sie verstehen das gewiß. – Hoffentlich sind Sie vollkommen zufrieden mit Ihrer Cur? Ob Sie wohl bei der Königin waren? ich war etwas neidisch auf sie – die Freude wäre gar groß gewesen, hätte ich Sie an meinem Festtage bei uns gesehen. Brahms kam später; leider konnten wir sein H dur Trio in der neuen Gestalt nicht hören, er spielte es mir nur am Clavier – ich glaube die Bearbeitung desselben einen großen Gewinn. Leben Sie wohl, lieber, alter Freund, und lassen Sie bald einmal wieder etwas von sich wissen
Ihrer alten getreuen
Clara Schumann.
Hier grüßt Alles aufs wärmste.
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