Schlangenbad d. 13/7 93. Villa Concordia.
Lieber Freund,
wie sehr erfreut war ich von Ihnen endlich ’mal wieder zu hören, und nun gar die freudige Aussicht zu erfahren, die ich haben soll, Sie in Interlaken zu sehen. Ach ja, lieber Herzogenberg, machen Sie uns die Freude Ihres Besuches! wir gedenken vom 7ten Aug. an wieder in Interlaken Hôtel Ober zu sein, und dort zu bleiben bis in den Septbr. hinein. An die Fillu habe ich durch Eugenie Ihre Einladung sofort ergehen lassen, sie kam noch früh genug um sie zu treffen. Ueber mich sind Sie, leider, nicht nicht [sic] ganz richtig berichtet worden; mein Leiden im Kopf hat nur ab und zu ’mal ein paar Stunden ausgesetzt, aber das kommt in vielenWochen kaum ein paar mal vor. Es ist aber merkwürdig, wie der Mensch sich an das Schrecklichste gewöhnen kann, wenngleich mir doch oft verzweiflungsvolle Momente kommen. – Ich bin hier zu einer kleinen Badecur und Waldluftgenuß. Es ist reizend hier, aber, die Hitze nimmt Einen mit, und man fühlt sich matt.
Lieber Freund, ich würde gern manches mit Ihnen plaudern, aber, mündlich ist das ja viel besser! Daß Sie das Grab der Theueren besucht, hat mich schmerzlich bewegt. Ich kann es immer noch nicht glauben, daß ich sie nie wieder sehen soll, und bewundere Sie stets von Neuem, wie Sie es tragen, sich selbst den Schmerz verklären durch die Kunst.
Also, auf Wiedersehen bald in Interlaken! lassen Sie es mich aber ja vorher wissen, ehe Sie kommen, damit wir nicht etwa gerade ausgeflogen sind. Ich schreibe im Freien mit etlichen Hindernissen, Wind, schlechte Tinte ect. entschuldigen Sie.
An Frl. Hauptm. herzlichen Gruß.
Innig ergeb
Ihre
Clara Schumann
Adr. v. 1–7 Aug Basel 25 Gellertstr. bis 1ten Aug. hier.
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