23.01.2024

Briefe



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ID: 12494
Geschrieben am: Samstag 07.09.1889
 

Baden-Baden d. 7 Septbr 1889.
37 Sophien-Strasse

Lieber Johannes,
die Aussicht Dich hier zu sehen freut mich herzlich, aber, bitte, verlege den Zeitpunct um einige Tage. Es trifft sich nämlich insofern am 15ten ungünstig, als Marie an dem Tage, oder am 16ten Morgens nach Frankf. zurück geht, und ich mit Eugenien dann zu Sommerhoff ’s in’s Park Hôtel ziehe; Diese kommen z. 13ten und bleiben längere Zeit hier, ich dann mit ihnen noch bis z. 28ten d. M.
|2| Kämest Du nun am 15ten so träfest Du uns im Umzugtroubel, dazu
in der ersten Betrübniß der Trennung von Marie, die mir hier härter ankömmt, als wäre sie an einem anderen Orte; – sie geht in das Joch der Haus-Misere, wir leben hier den Zaubern der Natur!!! –
Herzogenbergs würdest Du schon am 15ten nicht mehr treffen, sie
reisen den 14ten ab. Möglicherweise ist Woldemar noch hier, der zum 13ten kömmt. Ich bitte Dich also, richte Dich für ein paar Tage später ein, ich denke vom 17ten an sind wir wieder ganz in aller Behaglichkeit.
Leider bummeln hier keine |3| Joachims und Hausmänner, man
kann nicht einmal eine Sonate mit Einem oder dem Andern spielen! wie
sollte da an das Trio zu denken sein? damit hast Du uns Alle sehr überrascht – mir kommt es immer noch ganz unglaublich vor, und noch kann ich die Vermuthung nicht los werden, daß Du einen Scherz gemacht, und uns ein neues Trio in H dur als Op. 108 schenkest. Auf alle Fälle sind wir sehr gespannt darauf. Engelmanns, die zwei Tage bei Herzogenbergs waren, hörten mit größtem Interresse davon, wie Du denken kannst. Ihr Besuch hat uns Alle sehr gefreut – es war höchst gemüthlich – sie sind so prächtige Menschen!
Wir sind schon seit 14 Tagen |4| hier, haben uns ein Privatlogis
genommen, das ich ungern noch mit einem anderen vertausche, aber
Sommerhoff ’s wohnen so weit fort von uns (es ist das Haus wo Flemmings früher gewohnt, vis-a-vis der früher Viardot’schen Villa) und das ist gar so unbequem. Diese Woche kommt Herr Burnand mit 2 Nichten aus England, das gibt eine unruhige Woche, ich freue mich aber ihn wieder zu sehen.
Laß mich, bitte, wissen, was Du beschließest?
Schöne Tage wirst Du jetzt verleben, wie musicalisch <erheiternd[?]> interressant wird es da zugehen – ach, könnte ich Deinen Chören nur lauschen, und wie schön werden sie Dich feyern!
Schreib mir also eine Correspondenzcarte, was Du beschließest. Immer Deine alte, jetzt recht alte Clara.

[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms
Hamburg
Hôtel de Petersburg
Jungfernstieg.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
  Empfangsort: Hamburg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1917ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: N.Mus.ep. 2203; Umschlag: A-Wst: 55746,18b.
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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