Frankfurt a/M d. 26 Juni 1890.
Lieber Joachim,
ich komme mit den innigsten Wünschen z. 28ten, an dem Sie diesmal wohl die Freude genießen Josephchen bei sich zu haben! – Was ich Ihnen vor allem wünsche, ist Gesundheit, keine Sorgen mit dem kleinen Finger! – Wir rüsten jetzt zur Abreise, leider bin ich immer unwohl, und durch die Sorgen mit Ferdinand schwer darnieder gedrückt. Er ist jetzt hier, es geht ihm soweit besser, daß er an zwei Stöcken geht, aber seine Augen sind so schwach, daß er an eine Thätigkeit nicht denken kann. Darf ich hier wohl Gelegenheit nehmen Sie zu erinnern, daß Sie wollten zu erforschen suchen, wie es mit dem Zuschuß für Ferd. von Mendelssohn ist? Ferdinand sagt mir aber, daß er Diesen nicht vom Geschäft aus, sonders [sic] stets mit der Unterschrifft: Robert und Franz M. erhält, also kann man es doch nur durch Robbi erfahren. Unter uns gesagt, es wäre schrecklich, wenn sie sich zurückzögen, denn, mit diesem Zuschuß, kann ich es bei eingeschränktestem Leben v. Ferdinands Seite, kaum ermöglichen, die Familie zu erhalten. Ich erfahre wohl von Ihnen bald, was Sie im Sommer vornehmen? Ich trete ihn ohne jeden Lebensmuth an – nichts bringt doch so herunter, als fortwährende Leiden. Verzeihen Sie, lieber alter Freund! dies sollte ein Geburtstagbrief werden, und ist eine Klageepistel geworden! – Ich hoffe, es kommt ’mal wieder besser, und dann freue ich mich auf die versprochenen Quartette – das wird herrlich! Mit nochmaliger Bitte um Nachsicht
Ihre
altgetreue
Clara Schumann.
Die Töchter senden ihre wärmsten Wünsche. Grüßen Sie Alle die Sie am 28ten umgeben herzlich.
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