Frankfurt a/m d. 23 Febr 1879 32 Myliusstrasse.
Liebe Königl Hoheit,
wie oft hab ich an Sie gedacht seit ich in Frankfurt bin, wie so gern hätte ich Sie ’mal gesehen, aber – Sie schwiegen, und so mußte ich es wohl auch. Vor Kurzem hörte ich aber von Ihrem großen Verlust, und da nahm ich mir sofort vor, die Scheu zu überwinden, und Ihnen ein Wort meiner innigsten Theilname zu sagen. Ich ahne, daß Sie viel verloren haben, und vermag ganz diesen Verlust zu verstehen. Inzwischen hat nun auch uns ein harter Schlag getroffen, wir verloren unseren geliebten Felix nach langen schweren Leiden, seit vier Monaten hatten wir ihn zu Hause, und was Liebe vermochte das geschah. Aber es half Nichts, wir mußten das so reich begabte junge Leben dahinschwinden sehen. Sie, theuere Prinzeß, waren einstens auch gegen ihn so gütig – gewiß auch Sie empfinden mit mir den großen Schmerz, Sie wissen was das arme Mutterherz leiden kann. Wir haben jetzt nur den einen Trost, daß der Arme von schweren Leiden erlöst ist, (sie waren bis zum letzten Augenblick ganz unbeschreiblich) und dieser läßt uns das Schwere ruhiger ertragen.
Liebe, verehrte Frau Landgräfin, bitte, lassen Sie mich bald von sich hören, ich sehne mich Ihre liebe Handschrift ’mal wieder zu sehen. – Ich höre daß Ihr lieber Sohn wieder bei Ihnen ist – neulich las ich, daß er in einem Concert des Blindeninstitut gespielt habe! das hat mich wahrhaft bewegt.
Nehmen Sie mit all den Ihrigen meine wärmsten Grüße und gedenken Sie, theuere Prinzeß, freundlich Ihrer von ganzem Herzen ergebenen
und getreuen
Clara Schumann.
Ich darf wohl von meinen Kindern Angelegentliches sagen.
[Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Kulturstiftung des Hauses Hessen]
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