Ober-Salzberg Pension Moritz d. 25 Aug. 1891.
Liebste Emma,
das ist ein großer Schmerz, der uns trifft! die theuere alte Freundin dahin, und so jammervoll! ach Gott, was kann doch den Menschen treffen! daß sie so leiden mußte, welch ein Geschick! – Für Arnold ist es sehr hart, Vater und Mutter in kaum einem Jahre verloren! – Ach, es geht aber ja Alles den hergebrachten Gang! Die jungen Leute ziehen nun ein in das liebe Haus, wo wir so manche schöne, traute Stunde verbracht, es soll aber so sein, und ist es doch ein tröstlicher Gedanke, daß nicht Fremde in das Haus kommen.
Meine liebe Emma, sorge Dich aber nicht so um die Reise, das ist ja heutzutage nicht schlimm! – Du kannst Dich bis München uns ja anschließen, ruhst Dich dort wohl einen Tag aus, und den Morgen, wo Du nach Frankfurt abreisen willst, trifft Dich Marie an der Eisenbahn-Station und hilft Dir in ein Coupé, aus welchem Du erst in Frankf. (Nachmittag 4 Uhr) aussteigest, wo Deine Caroline Dich erwartet und gut bettet. Ueberlege es Dir doch noch ’mal. Wir wollen den 3ten oder 4ten fort – ist der dritte ein Tag, wie heute wo es zum Reisen sehr heiß ist, dann bleiben wir vielleicht noch, und reisen d. 4ten erst, da aber sicher.
Ich lasse diese Zeilen noch liegen, weil ich auf die beiden lieben Damen heute Nachmittag hoffe. Sie riskiren ja heute nichts mit dem Wetter – morgen weiß man schon wieder nicht, wie’s wird.
Leb wohl, Du liebe gute Emma. Ich war die ganze Zeit recht elend, in Folge der traurigen Nachricht noch mehr als vorher.
Treu umarmt Dich
Deine
alte Clara.
Marie grüßt sehr.
Sollten die beiden Freundinnen heute zu kommen verhindert sein, so schicke ich dies ab, und erwarte sie morgen oder übermorgen. Wir sind immer da!
[Umschlag]
Frau
Emma Preußer.
Berchtesgaden.
Villa Carissima.
Reichenhallerstraße.
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