Interlaken d. 17 Aug. 1895.
Lieber Johannes
wie soll ich Dir genug danken für die Sorgfalt, mit der Du meine Sendung durchgesehen! welche Mühe hast Du gehabt mit so dillettantischem Manuscript, als das Meine war! welche Bogen fehlten da, wie viel falsche Striche, wie viel fehlende |2| Zeichen aller Art! könnte ich Dir doch gleich einen recht großen Gefallen thun! –
Mit allen Aenderungen kann ich ja natürlich nur einverstanden seyn und habe natürlich Alles gelassen, wie Du sie notirt hast. – Mit dem Titel bin ich nun noch nicht ganz im Reinen, kann doch denselben nicht dem Verleger überlassen! soll ich sagen: Aus den Studien (Skizzen) für Pedalflügel Op. von |3| Robert ect. arrangirt (gesetzt?) von Cl. Sch. Die Nummern zu nennen macht sich schlecht auf dem Titel. Bitte, hilf mir auch darin, Du hast ja das Alles so in der Uebung! sende mir nur auf einer Postkarte den Titel, keinen Brief, Deren Du immer so Viele zu schreiben hast. –
Die traurige Geschichte des jungen Benecke bleibt von Dunkel umhüllt. |4| Er wurde zuletzt gesehen beim Aufstieg eines weniger bekannten Weges zur Jungfrau, war Mitglied des Alpen-Clupps, wollte vielleicht einen neuen Weg finden? es wird in einem Blatte, in welchem von Seiten der Eltern 500 Frks Belohnung ausgesetzt waren für Auffindung des Leichnahms, ┌gesagt┐ daß man vermuthe, die beiden jungen Leute haben viel Geld bei sich gehabt, was dann dem Finder auch noch gehören solle. Dies |5| läßt aber wieder weiter denken – könnten die Beiden nicht beraubt worden sein? Führer hatten sie nicht bei sich. Es ist schrecklich! Weiteres erfährt man natürlich nicht! –
Wir hatten fast 3 Wochen schlechtes Wetter, jetzt dürfen wir aber wieder etwas hoffen! Morgen erwarte ich Widmann und Frau, worauf ich mich herzlich freue. |6| Ja, wärest Du in Thun, wie ehedem, wie wäre das so nett, kämest Du zuweilen an schönen Tagen! –
Nun nimm nochmals wärmsten Dank, lieber Johannes, und lasse mich noch durch eine Karte den Titel wissen, bitte, bitte! –
An Ilona meine Grüße. Dank für ihren Brief. Sie schreibt mir so glücklich über Deine Güte und Liebenswürdigkeit gegen sie.
Hier grüßt Alles mit mir Deiner alten getreuen Clara.
[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Ischl.
Ober-Oesterreich.
"Lieber Johannes"
"...welche Mühe hast Du gehabt mit so dilettantischem Manuscript, als das Meine war!... Mit allen Aenderungen kann ich ja natürlich nur einverstanden seyn und habe natürlich Alles gelassen, wie Du sie notiert hast. - Mit dem Titel bin ich immer noch nicht ganz im Reinen ... soll ich sagen: Aus den Studien (Skizzen) für Pedalflügel ... von Robert Sch: arrangiert (gesetzt?) von Cl. Sch.[?] ...
... Morgen erwarte ich Widmann und Frau, worauf ich mich herzlich freue. Ja, wärest Du in Thun, wie ehedem, wie wäre das so nett, kämest Du zuweilen an schönen Tagen! ..."
[Kat. Stargardt Nr. 565: 04.12.1963, S. 117, Los 650 (gek.)]
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