Frankfurt a/M d. 20 Octbr. 1892
Meine theuere Lida,
nun sitze ich wieder hier, und mir ist es wie ein Traum, daß ich Sie und Rosalie gesehen. Leider fühle ich mich nicht so recht im Herzen befriedigt – es war zu kurz und ich so viel gehindert an freier Bewegung, ich konnte nicht ’mal ein Stündchen zu Ihnen, oder Rosalie laufen, Alles mußte verabredet werden – nur ein Mal betrat ich Ihr Haus! das Haus, wo ich so viele wahrhaft erquickende Stunden und Tage verlebt!
Aber, liebste Lida, Sie dürfen mir das nicht anthun, daß Sie im Hôtel für mich bezahlen! das würde mir die ganze Reise verbittern. Ich sollte nicht einmal mehr meine ältesten Freundinnen besuchen können? nein, so schlimm steht es doch noch nicht mit mir. Sie zürnen mir nicht, nicht mehr, daß ich Ihnen heute 70 Mark gesandt. Ich denke mir daß meine Rechnung ohngefähr so viel betragen wird. Leider konnte ich den Betrag der Rechnung nicht erfahren, und schickte eben nur so von ohngefähr, aber darf nun wohl auch bitten daß Sie mich den Betrag wissen lassen, vielleicht ist es mehr?
Doch genug von dieser Prosa, und nur noch einen herzlichen Gruß. Möge Ihnen der Besuch Ihrer lieben Kinder recht ungetrübte Freude bringen, so weit dies ohne den theueren Mann möglich ist. Ich hoffe Sie schonen sich recht, liebste Lida – ich meine immer Sie pflegten sich zu wenig! –
Marie die wieder neue Schülerinnen bekommen hat, grüßt sehr und ich umarme Sie in alter Liebe.
Ihre
Clara.
Louis empfing mich in Cöln, was mir sehr lieb war.
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