23.01.2024

Briefe



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ID: 13952
Geschrieben am: Donnerstag 26.09.1861
 

Düsseldorf d. 26 Septbr 1861
Liebster Johannes,
wie schwer gehe ich heute an den Schreibtisch, denn wieder muß ich meinen lieben Plan, zu Dir zu kommen, um Etwas verschieben, doch hoffe ich, Du giebst mir Recht, und dann wird mir’s auch leichter werden.
Es hat sich in meiner häuslichen Einrichtung so gefügt, daß nun also Marie von nächster Woche an in Berlin ihren neuen Wirkungskreis beginnt. Früher hatte Frl. Werner mir versprochen, Ihr in Allem beistehen zu wollen, doch leider ist Diese in Weimar und bleibt Daselbst bis Neujahr. Marie wollte |2| allein durchzukommen versuchen, doch, versetzte ich mich in Ihre Lage, so fand ich das recht schwer, und je näher die Zeit rückt, destomehr sagt mir mein Herz, das immer zwischen Pflicht und Wunsch kämpfte, daß das Richtige sey, das arme Kind nicht allein dahin gehen zu lassen, sondern mit Ihr zu gehen, sie die ersten 14 Tage zu unterstützen, Ihr Verhältniß zu den Dienstboten durch meine Autorität von vorn herein festzustellen; Ferdinand (der mit uns reist) dem Hrn. Dr. Planer selbst zuzuführen, was wieder auf den Jungen einen leibigeren Eindruck macht, Felix einen Violinlehrer zu geben, (auch leichter für mich, als für Marie) kurz, wie Du siehst, <genügend> Pflichten ┌genug┐ zu erfüllen. Bleibst |3| Du in Hamburg, so komme ich dann so etwa in der 3ten Woche <W> Octobers, und kann alsdann, freilich nicht 4 Wochen, aber doch mindestens 14 Tage – 3 Wochen noch bei Dir sein, von dort nachher in Hannover, Oldenburg, (wo ich mir in demselben Concerte, in welchem ich spielen soll Deine Serenade bestellt habe) Bremen, und sonst noch hier <da> und da in der Nähe spielen. Viel ruhiger werde ich Dich dann genießen mit dem Bewußtsein zu Hause keine Pflichten verabsäumt zu haben.
Ich glaube, mein geliebter, verständiger Freund wird mir Recht geben, nicht wahr?
Aber sag mir, wo Du steckst? Du antwortest mir ja gar nicht? noch weiß ich nicht ob Du in Hamburg bleibst?
|4| Bist Du etwa mit Woldemar auf Reise? im Harz oder in Hannover? Letzteres vermuthe ich fast, und doch wäre das kein Grund zum Schweigen, eher zum Schreiben!
Bitte, sag mir bald ein Wort, ein Freundliches und ob ich mich auf Mitte Octbr. <freuen[?] kann> in Hamburg freuen kann?
Ich habe schrecklich viel zu thuen, Tausenderlei zu ordnen und Briefschaften, daß mir ordentlich schwindelt, so muß ich denn Manches bis später versparen – es ist wohl auch besser, ich behalte etwas Stoff!
So sey mir denn, mein guter Johannes, innigst gegrüßt von Deiner
alten treuen
Clara.
Bis Montag Abend bleibe ich hier, von Dienstag an Adresse: Berlin, Schöneberger Ufer Nro 22, 3ter Stock.
NB: Rieter schreibt mir heute, er sey schrecklich in Verlegenheit, könne wegen seiner Augen Deine Stimmen zum Concert und Manches Andere noch nicht corrigieren, ich solle Ihm Jemand empfehlen, der es recht correct thue. Ich weiß aber Niemand, vielleicht kannst Du rathen?
Es wäre mir so lieb, schriebest Du mir noch hierher.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Hamm bei Hamburg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
798ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 11009-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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