23.01.2024

Briefe



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ID: 14032
Geschrieben am: Dienstag 04.06.1850
 

(Leipzig) Dienstag den 4. Juni (1850) Nachmittag.
.... Gott sei gedankt, daß ich nun endlich Nachricht habe! aber warum haben Sie mir nicht eher geschrieben, diese lange Pause war ja ganz gegen unsere Verabredung? na, nun hab ich ja Beruhigung, und ist’s so gut, aber bitte, mehr als 3 Tage dürfen <Sie nicht> ┌nie┐ vorüber gehen, ohne daß ich Nachricht habe, und haben Sie keine Zeit, so verlange ich ja nur zwei Worte „die Kinder sind wohl“, das ist mir schon genug.
Mit den Kindern ihren Briefen war der Papa nicht zufrieden, denn man merkte wohl, sie waren diktiert, und das soll nicht sein, sie sollen selbst nachdenken lernen, auch war Mariechens Brief von der 2ten Seite an nicht so hübsch geschrieben, wie Elisens. Überhaupt scheint mir aus ihren Briefen hervorzugehen, daß die Kinder, statt fleißig zu sein, und uns Freude zu machen, faul und unfolgsam gewesen sind, und jetzt ist es freilich zu spät, wenn sie erst anfangen wollen, fleißig und folgsam zu sein. Ich habe die Lust, sie herkommen zu lassen, verloren, denn wenn sie faul waren, so verdienen sie das Vergnügen nicht, und hier wird dann auch mit arbeiten wieder nicht viel. Das betrübt mich doch sehr! Ich hatte gerade das Gegentheil erwartet, ich dachte in der Voraussicht der Reise würden sie gerade recht zu allem Fleiße und Folgsamkeit angefeuert. Ich werde den Herrn v. Gutschmidt bitten, daß er sie besucht, aber mitbringen soll er sie nicht, wenn Sie nicht außerordentlich mit ihnen zufrieden sind.
Auf meinem Instrumente liegt ein Buch, gelblich eingebunden, da stehen von mir geschrieben Lieder meiner Composition drin, bitte, das legen Sie bei in der Kiste, oder, kommen die Kinder nicht, so geben Sie es Herrn v. Gutschmidt mit, auch die angekommenen Briefe und Pakete, wenn sie nicht gar zu groß sind. Schicken Sie alle Briefe immer mit. Von Madam Titel erhielt ich noch nichts.
Donnerstag früh kommt Herr v. Gutschmidt, bitte, liebe Emilie, zie¬hen Sie die Kinder ordentlich an, die blauen Thebetkleider, und dieselben auch auf der Reise mit den großen Kragen darüber. Auch Ludwig, Jul¬chen und Nandchen ziehen Sie hübsch an. Gott, wie bin ich froh, daß die Kinder wohl sind. Lassen Sie ja nie eines der Kinder ans Fenster, und geben Sie und Friederike recht Acht, daß Ferdinand um Gotteswillen beim Herumrutschen in der Stube keine Stecknadel findet, und in den Mund steckt; ich hörte gestern einen schrecklichen Fall, der mir die ganze Nacht nicht aus dem Kopfe ging.
Donnerstag Nachmittag schreiben Sie mir eine Zeile, ob die Kinder mitkommen, oder nicht, und Sie erwarte ich vor der Hand den 16., Sonn¬tag also – den 17ten soll die Oper stattfinden, wenn nicht Einer oder der Andere erkrankt. Die Billette besorge ich, und nun Adieu! Küssen Sie auf das innigste alle Kinder und Sie selbst seien mir schönstens gegrüßt
Ihre
Cl. Sch.
(Aufschrift auf dem Briefumschlag)
Frl. Emilie Steffens. Wohnhaft bei Herrn Dr. Robert Schumann in Dres¬den,
Große Reitbahngasse Nr. 20. 1 Treppe.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Steffens, Emilie, verh. Heydenreich, Emilie (3000)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 22
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Dresden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Carlos Lozano Fernandez und Renate Brunner / Dohr / Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-86846-032-2
902-904

  Standort/Quelle:*) D-Zsch; ? Pastorin Schwen (?) Freiberg ?; Abschr. Kreisig ?v Schramm od. Orig?
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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