23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 14208
Geschrieben am: Samstag 14.10.1882
 

Frankfurt d 14ten October
Liebste Frau Fiedler,
Ihr liebes Geburtstagsschreiben für daß ich Ihnen herzlich danke, kam mir in Italien zu und erinnerte mich recht lebhaft wieder daran wie wir so oft darüber sprachen einmal zusammen diese Reise zu machen. Wie beklage ich daß es Ihnen im letzten Jahr so schlecht gegangen ist, wo ich doch, als ich Sie in München verließ so sehr hoffte daß es Ihnen fortan immer besser gehen würde! so haben wir uns dann nun auch diesen Sommer garnicht gesehen, und auch für uns war er recht schlecht, man mußte ja dem Himmel danken wenn nur ab und zu mal die Sonne einem erlaubte im Freien zu sein, und dann war es noch immer feucht, |2| so daß mein Rheumatismus diesen Herbst schlimmer als je war. <Ob> <S> In Bellagio wo wir 14 Tage waren, hatten wir einige gute Tage, die wir dann auch möglichst ausnützten, eben so in Wenedig [sic] von acht Tagen nur drei, an denen die Sonne schien, das war dann aber auch herrlich! diese Stadt mit ihrer wunderbaren Vergangenheit deren Spuren man auf Schritt und Tritt begegnet, hat mich entzückt, oder vielmehr ganz eigen bewegt, ich lebte innerlich wie in einem Traume dort, in einer Mährchenwelt!
nun, Sie kennen es und brauche ich Ihnen ja nicht zu beschreiben was sich überhaupt nicht be-|3|schreiben läßt. Wir hatten die große Freude dort die lieben Herzogenbergs zu treffen und mit ihnen als schönsten Beschluß unsere Rückreise zu machen; wir haben Leid und Freud getheilt, kann man sagen, denn die Sorgen wie wir nach Haus kommen sollten, waren nicht gering, und haben uns die letzten Tage in Venedig getrübt. Wir mußten denn schließlich auch den großen Umweg über Wien machen.
Ob Sie wohl wirklich noch in die Schweiz gekommen sind, und ob wir wohl einige Aussicht haben Sie Beide endlich einmal hier in Frankfurt zu sehen? Sie könnten doch wirklich mal den Umweg nach München über hier machen. Bitte sagen Sie uns doch ein |4| Wort wo Sie sind, und was Sie vornehmen?
Wir sind hier wieder ganz in altem Geleise, nur kann ich leider sehr wenig schreiben, da ich meinen Arm äußerst vorsichtig behandeln muß, was Sie aus diesem Dictat, <ersehen> wozu ich mich schwer entschloß weil ich Ihnen so gerne selbst geschrieben hätte, ersehen mögen.
Von Freund Levi hatte ich neulich zum 13ten auch ein paar Zeilen, sie haben mich aber mehr betrübt als erfreut. Aber grüßen Sie ihn doch herzlich von mir. Leben Sie wohl liebe Mary, grüßen Sie Ihren theuren Mann und seien Sie stets versichert der wärmsten Gesinnung Ihrer
getreuen
Clara Schumann.
Marie u Eugenie senden herzlichste Grüße.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Fiedler, Mary (450)
  Empfangsort: Crostewitz
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
939ff.

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Autographensammlung der Musik- und Theaterabteilung, Nr. A 51
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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