23.01.2024

Briefe



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ID: 14217
Geschrieben am: Dienstag 12.03.1895
 

Frankfurt a/M. d. 12 März 95.
Liebe Frau Fiedler,
Ihr so lieber Brief ließ mich sofort den so oft gefaßten und wieder verworfenen Plan, nach München zu kommen, wieder aufnehmen. Ach, wie gern erfrischte ich mein, so oft recht gedrücktes, Gemüth durch das Wiedersehen lieber Freunde – wie |2| lange sah ich Sie und Ihren lieben Mann nicht mehr, auch den lieben, prächtigen Hildebrandt nicht, und noch andere Freunde! – Nun heißt es aber, überlegen, wie es zu arrangieren wäre! wir haben gleich an Eugenie geschrieben, ob sie <s> es einrichten könnte, etwas später als gewöhnlich zu kommen, weil wir nur im April hier fort könnten. Eugenie ist immer sehr |3| Ruhe bedürftig, wenn sie hierher kommt, und darum müßten wir sehen, es einzurichten, daß wir, wenn sie kommt, zurückgekehrt sind. Wir erwarten nun ihre Antwort, ich wollte Ihnen aber doch vorläufig danken, und Ihnen sagen, wie herzlich gern wir kämen. Freilich, Scrupel habe ich manche! ich bin sehr schwerfällig geworden, gehe gar |4| nicht in Gesellschaften, sehe meine Freunde nur bei mir, lebe sehr ruhig, gehe früh zu Bett, kurz, führe ganz das Leben einer alten Frau, was meinen Körper betrifft. Für liebe Freunde und Kunstgenüsse ist aber mein Gemüth u. Geist noch frisch, allerdings muß ich sehr vorsichtig auch darin sein. Dann kommt viel auf das Wetter an, rauhe Witterung ist nichts für mich, im vorigen |5| Jahr war es allerdings schon im März schön warm, aber, wie es in diesem Jahr werden wird? wer weiß es! –
Marie sagt mir eben, sie fürchte Eugenie werde ihre Ferien nicht herausschieben können, würde es Ihnen in diesem Falle passen, wenn wir am 1 oder 2ten April kämen? aber, vielleicht wäre dies zu früh für Ihren lieben Mann? natürlich kommen wir nicht, |6| so lange er sich noch nicht ganz wieder erholt hat, das müssen Sie uns offen sagen! –
Liebste Frau Fiedler, ich schreibe Ihnen, sobald wir im Klaren über unsere Ferien sind. Wie würde es uns freuen, sähen wir Sie und Ihren lieben Mann bald! wie vieles liegt in der Zwischenzeit, wo wir uns nicht gesehen! Sie Arme, |7| verloren den theueren Vater, das ist eine unausfüllbare Lücke in Ihrem Leben, aber Sie besitzen den liebenden Gatten, der gewiß treulichst mit Ihnen trägt.
Für heute nur noch herzlichste Grüße Ihnen Beiden und Dank für die schöne Aussicht, die Sie uns eröffneten. Marie grüßt und dankt mit mir Ihrer
von Herzen ergeb
Clara Schumann.

[Umschlag]
Frau
Dr Mary Fiedler
München.
10 Arcisstraße.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Fiedler, Mary (450)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
973f.

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Autographensammlung der Musik- und Theaterabteilung, Nr. A33
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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