Rotterdam d. 19 Dec. 1853.
Geehrtester Herr,
vorgestern Abend schrieb ich Ihnen so eilig (Herr Verhulst stand auf den Brief wartend daneben) dass ich mich gedrungen fühle, Ihnen einige Erklärungen zu geben. Als wir nämlich den Morgen Vorgestern von Ihnen nach Haus kamen, erhielten wir noch einige Besuche, welche uns Alle zuredeten, noch eine Soiree zu geben; wir hatten daran nicht gedacht, kamen dadurch jedoch auf die Idee, dass es vielleicht am Dienstag noch ginge. Mit Ihnen, der Sie so gütig die Erste arrangirten, Rücksprache zu nehmen, war nicht mehr möglich, und da uns unser Weg bei Herrn Theune |2| vorüber führte, so dachte ich es ihm zu sagen, dass, im Fall eine zweite Soiree keine zu grossen Schwierigkeiten mache, ich gern bereit dazu wäre, doch später überlegten wir, dass es doch wohl zu kurze Zeit wäre. Als wir hierher kamen, da fiel mir Hunner ein, der mich so sehr für Dienstag gebeten hatte, und dem ich es abschlug, weil ich uns nicht mehr in Holland glaubte. So kam es, dass ich Ihnen noch denselben Abend schrieb, da ich Hunner’s Adresse nicht wusste.
Ich schreibe Ihnen diess so ausführlich, weil Sie wohl Recht hätten, befremdet zu seyn, dass wir Ihnen, dessen freundlichen Rath wir immer vor allen am liebsten |3| in Anspruch nehmen möchten, am Morgen, als wir uns sahen, nichts von Allem sagten.
Herr Hunner hat mir gestern eine Depesche gesandt, dass er seine Soiree am Dienstag geben will; fast gereut es mich wieder, dass ich mich dieser neuen Anstrengung aussetze, doch, ich habe es nun einmal versprochen, und muss es halten. – Wir bedauern sehr, dass uns diese Soiree nun um die Freude bringen wird, bei Ihnen zu Mittag zu essen, da es zu spät werden würde, mich noch etwas nach Tisch zu ruhen und anzukleiden, auch weiss ich nicht wenn die Soiree anfängt! jedenfalls kommen wir aber Dienstag etwa um 3 oder 4 Uhr zu Ihnen Sie und Ihre verehrte Frau |4| noch einmal zu sehen, und auch will ich mir das Bildchen holen. Wir denken hier mit dem zweiten Zuge abzufahren, und werden um 1 Uhr in Amsterdam seyn.
Mein Mann trägt mir seine freundlichsten Empfehlungen an Sie Beide auf, denen ich auch die meinigen beifüge.
Hochachtungsvoll ergeben
Ihre
Clara Schumann