23.01.2024

Briefe



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ID: 14471
Geschrieben am: Sonntag 19.09.1875
 

Baden-Baden d. 19 Septbr. 1875.
Liebes Fräulein
schon früher hätte ich Ihnen für Ihre lieben Worte und Ihren herrlich duftenden Gruß gedankt, aber ich wußte Sie nicht zu finden, und so wollte ich diese Zeilen meiner Eugenie mit zu Frau Kaulla geben, was wohl am sichersten. Lassen Sie sich die Hand drücken für Ihre liebe Aufmerksamkeit – wie freundlich er-|2|scheint Einem ein Zimmer in das man mit so schönen Blumen in der Hand eintritt, wie ich in München mit Ihrem Bouquet! daß Sie daran dachten, war gar so freundlich! –
Leider hörte ich von dem Leiden Ihres verehrten Vaters in Moritz – wir fürchteten schon in Klosters, daß ihn, nach der langen Kur, die Reise zu sehr anstrengen werde. Ich hoffe, Sie haben jetzt am Comer See solch |3| Wetter, wie wir hier, und kommt dies ┌dem┐ Befinden Ihres Vaters recht zu statten.
Mein Tagebuch habe ich gestern endlich vollendet bis auf den heutigen Tag – Sie begreifen gewiß wie froh ich darüber bin, und ich hoffe, ich werde nie mehr so lange es hinhängen lassen, überhaupt nicht, sondern alle Tage schreiben. Mit einiger Energie setzt man das schon durch.
Sie haben vielleicht gehört, daß wir in München |4| eine improvisirte Matinée hatten, die recht animirt war – es galt dem Orchester etwas vorzumusiciren, wozu wir, Joachim und ich, auch Herr Henschel, natürlich gern bereit waren. Es war überhaupt sehr angenehm in München, im Hôtel waren wir einfach logirt, hatten aber gute Betten und Alles sonst sehr gut. Abends kamen immer noch Viele hin – wenn ich wieder käme, würde ich gern zum Bären zurückkehren.
Levi war sehr munter, und, trotz seiner vielen Beschäftigungen, immer liebenswürdig und aufmerksam.
Nun, liebes Fräulein, muß ich wohl schließen! Ich denke Eugenie erzählt Ihnen bald mehr, sie wird ihnen dann auch vertrauen, daß sie nun wirklich – einen Zopf[?] hat.
Von Herzen Sie und den theuren Vater grüßend
Ihre Clara Schumann.
Mein Felix ist in Meran eingetroffen und schreibt sehr befriedigt von dem ersten Eindruck, auch Des im Hause, worüber ich sehr froh bin.[Umschlag]
Fräulein
Mary Meyer.
d. G.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Meyer, Mary (2644)
  Empfangsort: Comer See
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
892ff.

  Standort/Quelle:*) D-F; s: Mus. Autogr. A 60
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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