Am 20ten
Liebe Frau Schumann
Ich bin selten so überrascht gewesen, als durch Ihre Bestätigung Ihrer Ankunft in Paris; denn weder Johannes noch ich hatten die Zeitungsnachrichten ernst genommen. Ich bin nun schon sehr neugierig auf das, was Sie mir von dem Erfolg dort schreiben werden. Die Pariser sollen für die virtuosen Leistungen ein sehr gebildetes Urtheil haben, und so werden sie denn jedenfalls enthusiastische Zuhörer für Sie abgeben. Es muß nebenbei sehr angenehm für Sie sein mit Frau Erard und Frau Viardot einige Zeit zuzubringen. Beide Damen bitte ich freundlichste Empfehlungen von mir zu sagen. Das Louvre und manche der kleinern Theater sähe ich selbst gern wieder einmal; ich war vor 12 Jahren doch noch etwas zu jungenhaft, um den rechten Genuß von Paris zu haben. Heute muß Ihr erstes Concert dort sein, von dem ich bald zu hören hoffe; Ihre Pläne werden sich wohl wesentlich durch dasselbe bestimmen lassen. Was Sie vorläufig von London schreiben, klingt leider so, als ob ich wenig Aussicht haben sollte, Sie hier zu begrüßen! Ich habe indeß sofort nach Ihrem Schreiben mit Chappell’s, Ella und Bennett gesprochen. Es ist ganz unmöglich, wenn Sie nicht bestimmt die Absicht haben London zu besuchen, Engagements zu bekommen, so gerne Ihnen gewiß viele Anerbiethen machten, wenn Sie Ihres Kommens sicher wären. Voraus <zu si> wüßte ich Ihnen nur etwa 6 Engagements gewiß zu verschaffen, von der Musical Union, den Popular Concerts und der alten Philharmonic. Die neue, und die Musical Society of London würden wahrscheinlich nachfolgen, wohl auch noch viele andere; aber Sie können doch unmöglich verlangen, daß alle Concertgeber ein Meeting halten, um eine runde Zahl Engagements zusammen zu bringen und anzubiethen. Etwas anderes wäre es, wenn Sie schon Anfangs des Winters versprochen hätten, die Saison hier zuzubringen. Ob diese „brillant“ wird, weiß man nicht zu sagen; eine interessante Zeit aber giebt’s gewiß, und ich freue mich auf die vielen Anregungen, welche die Ausstellung mit sich bringen wird. Da Sie so nahe sind, sollten Sie im Mai jedenfalls auf 14 Tage mit Fräulein Marie herüber kommen, um die Exhibition zu sehen; Benzon’s, die eben erst wieder gekommen sind, würden sich gewiß freuen Sie zu beherbergen. So meint wenigstens ihr Bruder, Lehmann. Benzon’s selbst kenne ich nicht, habe mir aber ihre Adresse geben lassen, (,10 Kensington Pallace Gardens, W.) um Ihretwegen Erkundigung zu holen. Mein Concert hat in der Musical Society diesmal wirklichen Erfolg gehabt, wenigstens die beiden letzten Sätze, die auch gut begleitet wurden, während beim 1ten Satz einige kleine Malheurs passirten. Von Hannover kann ich noch nichts sagen; der König antwortet auf meine Urlaubsbitte nicht. – Das Ständchen hatte mir gegolten. Ich schreibe bald wieder. Grüßen Sie Fräulein Marie vielmals.
Ihr J. J.
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