23.01.2024

Briefe



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ID: 17379
Geschrieben am: Dienstag 26.05.1863
 

Am 26ten Mai

Verehrte Frau Schumann

Es ist schon die längste Zeit seit Ihrem lieben Besuch verflossen, und ich meine daß [sic] darf nicht mehr mit gegenseitigem Stillschweigen so fort gehen! Sind Sie recht mitten unter Haushalteinrichtungssorgen? Wohnen Sie schon behaglich in No 14 Unterbeuern? Musiciren und lesen und spatzieren Sie viel mit den lieben Mädchen und Knaben? Ich bin zu begierig auf Ihr Haus, und wollte es gäbe eine Photographie davon. Unseres kennen Sie, aber leider steht es noch immer leer! Ich warte schon über 10 Tage auf die Erlaubniß des Pesther Magistrats zum Aufbieten in der Kirche, weil der hiesige sich oesterreichischen Unterthanen gegenüber für unkompetent erklärte. Hol’ der – Schindler alle diese langweiligen Zöpfe von Wichtigthuern und Slowcoatches! 14 Tage wird’s nun jedenfalls noch dauern, bevor <ich> wir mit Kaulbachs, Brinckmans und Frau Detmold (wenn sie dann noch hier ist) in die Kirche fahren können. Wahrscheinlich in die Wunstorfer. Johannes meinte, er würde wohl auch kommen; Sie können Sich denken, wie sehr mich das freuen würde. Er war 3 Tage hier, und sehr lieb und herzlich in seiner Theilnahme. Den Orpheus hat er mit angehört, und auch sein Quintett konnte ich ihm vorführen. Es ist zu Schade, daß die Totalwirkung dieses Stückes, trotz so vieler bedeutender Züge<,> kein befriedigender [sic] ist, und es war mir lieb daß Johannes durch eignes Hören zu dem Wunsch kam es anders zu machen. Ein Mensch von so bedeutendem Charakter kann nichts auf Hörensagen annehmen. – Ich werde Ihnen, liebe Frau Schumann, natürlich den Tag unserer Hochzeit wissen lassen, damit Sie unser gedenken können<,> während wir in der Kirche sind. Wären Sie doch weniger weit! – Wenn Sie Franz Lachner in diesen Tagen besucht, so sagen Sie ihm doch auf seine Bitte kein „Nein“. Ich habe zugesagt, und fienge gern die Saison mit dem günstigen Omen an, vereint mit Ihnen zu musiciren. Meine Braut will selbst schreiben, und grüßt einstweilen von Herzen, wie
Ihr J. Joachim.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
723ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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