Liebe, hochverehrte Freundin!
Mit großem Stolze mache ich von Ihrer Erlaubniss, Sie so anreden zu dürfen, Gebrauch – u. danke Ihnen von ganzem Herzen dafür. Wem Frau Schumann dies Vorrecht giebt, den muss sie etwas lieb haben – u. er gehört nicht zu den Schlechtesten! und wenn ich nun ganz stolz werde – dann – sind Sie und Ihre Güte Schuld! – Aber gar „Collegin“! nein, meine verehrte Freundin, dass [sic] leider nicht! – – – – Nachdem ich nun meine Stimme wieder versucht habe – glaube ich auf Ihren Brief zusagend antworten zu können. Wenn ich mich an der See noch etwas erfrischt habe, denke ich wieder etwas aushalten zu können. Seeluft bekomt [sic] ja auch der Stimme so vortrefflich! – Dass ich mich sehr freue, wenn Sie mich wieder mit sich haben wollen, können Sie mir glauben – doch komt immer die leise Furcht, dass Sie es am Ende aus persönlichen Rücksichten – auf Jo, oder aus Güte gegen mich thun – u. ich Ihnen doch nicht so recht genüge! Wenn ich da nur ein kleines Fensterl in Ihr Herz hätte, Sie liebe gute Frau Schumann! – Gerne gehe ich nach Wien. Jo hat mir wieder versprochen dies Jahr hinzugehen – u. hat wieder die Lust verloren‼ Ich freue mich auf die alte Kaiserstadt! Mein Mann war so glücklich bei Ihnen – u. erzählte so viel! – Grüßen Sie Ihre Kinder vielmals – ganz besonders Ihre Frau Tochter die aber hoffentlich einmal ans pausiren denkt!!!
In herzlicher Liebe
Ihre
Ursi J.
4ten Sept.
Übermorgen reise ich mit der kleinen Bande. –
Liebe Frau Schumann! Ich grüße Sie und die Ihrigen von Herzen. Bis auf Elise sind Sie ja wohl alle noch beisammen. Einen besondern Dank müßte ich Marie sagen, die so harmonisch das Hauswesen ordnet, und auch für mich so freundlich sorgte. Ich denke noch oft an die schönen Stunden in Lichtenthal,9 d. h. No 14. – Von Frau Janotha hatte ich heute Brief; sie will Nathalie noch bis zum Ende des Monats dort lassen, angefangene Bäder zu Ende zu gebrauchen!!! Da will ich nicht entgegen sein. Verzeihen Sie die Eile; ich schreibe nächstens mehr. Ihr J. J.
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