Hannover, den 27ten Jan
Liebe, verehrte Frau Schumann
Sie werden vielleicht schon Kunde von dem erfreulichen Erscheinen eines zweiten Knäbleins haben; aber jedenfalls will ich selbst ein paar Worte schreiben, und hinzufügen, daß es auch Ursi wieder gut geht, nachdem sie mir gestern Abend recht Sorge gemacht hatte. Sie fieng nämlich gegen Abend heftig zu phantasiren an, und ängstigte sich im Fieber, ob auch Ihrem Klavier auf dem Transport durch die Pusta nichts geschehen wäre etc etc. Ich lief gleich zum Arzte, der mich aber beruhigte, und heute ist sie Gottlob viel wohler. Sie hat mehr als das erste Mal gelitten, die Ärmste! Der kleine Junge ist aber recht kräftig, und mir däucht sogar hübscher als das Brüderchen. Ich habe meine Freude über die glückliche Geburt gleich am Tag darauf, 25ten Abends in der Marktkirche recht ausmusiciren können, und Brahms war dabei, und so herzlich und theilnehmend wie er’s selten zeigt, (nicht ist, meine ich). Ich spielte mit Orgel die Beethoven’sche Cavatina aus Op 130, das Abendlied, das Adagio aus dem Bach’schen Violin- Concert, und den ersten Satz aus der E dur Sonate (Kl.v u Viol.)
von Bach. Es soll in der Kirche prächtig klingen; man müßte eigentlich mehr für Orgel u Geige haben, u. hoffe ich Johannes hat sich dazu anregen lassen dafür zu schreiben. Außerdem sang der Kirchenchor herrliche alte Sachen von Mich. Bach, Hasler, Praetorius etc. etc. Meine Frau grüßt Sie und Marie herzlichst; wir wünschen uns bald von Ihnen zu hören. Über die hoffentlich fortdauernde<n> Besserung meiner lieben Ursi (von Gefahr ist nicht die Rede) will ich Julie v. Asten in den nächsten Tagen berichten. Ich weiß, daß sie von Tina Hey schon Nachricht erhielt, und bitte Sie ihr von uns noch viele Grüße zu bestellen. Frau Hausmann aus Braunschweig erzählte mir von einem kleinen
Unfall in Braunschweig; das hat doch keine Folgen gehabt?
Von Herzen ergeben
Ihr
Joseph J.
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