23.01.2024

Briefe



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ID: 17442
Geschrieben am: Mittwoch 07.03.1866
 

Mittwoch, am 7ten März

Liebe Frau Schumann

Ihr Brief kam gestern, als ich eben in den Cab stieg um an die Eisenbahnund nach Bath zu fahren, von wo ich nach einem Concert erst Abends wieder kehrte. Den Brief an Benzon’s habe ich aber mit dem Mädchen gleich besorgen lassen, nicht durch die Post, weil die Adresse Kensington-Palace-Gardens heißt. Mir thut es von Herzen leid, daß Sie nun diesen Monat nicht mehr kommen! Wenn ich auch schrecklich viel außer London herumrutsche, so hätten wir doch bisweilen mit einander musicirt – und nun gehen wir uns bös aus dem Weg! Aber ich hoffe doch nur körperlich. Ich freue mich, daß Sie so viel Zutrauen in meinen Rath haben, und meine Meinung wegen Paris verlangen. Sie wissen aber wirklich viel mehr von dort als ich; denn ich habe weder die Pasdeloup-Concerte gehört, noch das Lokal gesehen. Ich kann nur sagen, daß ich jedenfalls als Geiger dort spielen würde, und in der That eine Einladung (den 8ten April dort zu spielen) bloß deßhalb abgelehnt habe, weil ich’s nicht über mich gewinnen kann, nach Erfüllung meiner hier übernommenen Pflichten auch nur einen Tag länger von meiner Frau wegzubleiben. Ich reise am 27ten d. M. direkt nach Haus, von wo ich zum Glück gestern von meiner Frau einen recht langen Brief, und vom Arzt selbst einen sehr beruhigenden Bericht bekommen habe. „Der Abscess, schreibt er, ist fast gänzlich geheilt, und kein Objekt der Behandlung mehr; die Hauptkrankheit erfordert noch ruhige Bettlage und Geduld, wird aber einen günstigen Verlauf nehmen.“ Hätte ich freilich gewußt, wie viel meine arme Frau noch ausstehen würde, ich hätte Hannover nicht verlassen. Dem Himmel sei Dank, daß sich nun alles günstig gewendet. – Doch um wieder auf Paris zu kommen, daß Pasdeloup’s die 2te Gesellschaft ist, macht nichts, da wir beide schon im Conservatoire aufgetreten sind. Die Frage wegen dem Klang des Klaviers müssen Sie entscheiden. – Nun nur noch, daß die Peri vorgestern aufgeführt wurde; ich habe nur die Probe besuchen können, und sehne mich nach einer selbst zu leitenden Aufführung! Bennett nahm im Ganzen richtige Tempi – aber die Parepa als Peri, und aller Ausdruck eben so wie die Gestalt <der> dieser Dame zur wirklichen Peri sich verhaltend!
– – – Leben Sie wohl und grüßen Sie Marie herzlich!
Ihr J. J.

Viele Grüße an Wittgensteins,8 Julie v. A. u. andre Freunde.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
882ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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