23.01.2024

Briefe



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ID: 17446
Geschrieben am: Sonntag 01.07.1866 bis: 31.07.1866
 

Harzburg Neustadt, bei Frau v. Voigt

Liebe Frau Schumann

Wir sind nun schon über 14 Tage hier in Harzburg; es geht uns leidlich gut, und würde noch besser gehen, wenn nicht Regen und Kälte an der Tagesordnung wären. Ist das bei Ihnen auch so? Das Thal hier ist nicht ganz so schön wie Ihr geliebtes Lichtenthal, aber es „duftet auch hier ganz schön“, ja es erinnert sogar etwas an die Badner Berge, und das Okerthal, etwa 2 1/2 Stunden zu gehen, übertrifft <> vielleicht an wilder Schönheit Ihre Umgegend. Damit sei aber nicht gesagt, daß wir nicht viel, viel lieber bei Ihnen wären. Wie oft sprachen wir davon! Meine Frau leidet eigentlich nicht mehr; nur das rechte Handgelenk muß sie schonen, weil da noch die letzten Spuren des Rheumatismus sitzen. Deßhalb kann sie auch nicht schreiben, was sie so gern thäte, Ihnen heißt das. In Hannover kam in der letzten Zeit zu allem Leiden noch die Meinungsverschiedenheit der Ärzte, von denen einer das Reisen rieth, der andere entschieden verboth. Ach, dies Frühjahr war sehr hart für meine arme Frau Uzzi, und also auch für mich. Leiden sehen ist wohl noch schlimmer als selbst krank sein! Habe ich Ihnen wirklich für Ihren Geburtstagsgruß nicht gedankt? Gefreut habe ich mich herzlichst, und ich glaubte es auch geschrieben zu haben, so lebhaft sind mir Schreibegedanken an Sie erinnerlich von damals her. Es war eine bewegte Zeit, auch äußerlich! Um den König als solchen scheint’s geschehen; man glaubt allgemein daß Hannover preußisch wird, und dann würde ich wieder mein eigner Herr sein. Ihre liebe musikalische Prinzessin ist wohl auch recht betrübt, ihre Aussichten auf Kassel dahingeschwunden zu sehen? So nahe mir das Unglück der liebenswürdigen Königsfamilie geht, für mich bin ich fast froh, daß ich kampflustig mich durchschlagen soll, ohne Stütze. Ich denke es wird mir gut thun. Für das kommende Jahr habe ich materiell durch 6 bis 8 Wochen, die ich etwa von Mitte Januar an in England zubringen soll, gesorgt. Im Winteranfang wird sich ja wohl auch das Eine oder Andere trotz der Kriegszeit zu thun
finden, wenn meine Anstellung aufgehört haben sollte. Chappel hat mich vor ein paar Tagen gefragt, ob ich wohl glaubte, daß Sie Lust hätten Anfangs nächsten Jahres nach London zu kommen? Ich werde ihm schreiben, daß ich glaubte „Ja“; er müßte sich sofort mit Ihnen in Verbindung setzen. Überlegen Sie einstweilen die Bedingungen, und wenn Sie mich zu irgend etwas brauchen können dabei, so bitte ich Sie selbstverständlich über mich zu verfügen. Wir bleiben jedenfalls noch längere Zeit hier, und ich will eben sehen, ob ich nicht ein leidliches <> Klavier auftreiben kann. Sie und die Ihrigen von Herzen grüßend
Joseph J.

Hat Johannes recht viel Schönes geschaffen? Wie ist seine Adresse?

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
903f.

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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