Liebe Frau Schumann!
Wie Schade, daß ich nicht statt des Briefes in den Postwagen nach Frankfurt hinein expedirt werden kann um außer der Beantwortung auch noch die Sonate von Brahms durchzuspielen, auf die ich überaus freudig gespannt bin. Am Ende können wir sie wenigstens in Salzburg auf Ihrem Rückweg von Gastein spielen! Sie müssen ja vorbei. Lassen Sie doch hören, ob Sie’s für möglich halten. Mit dem was Sie wegen eines Concertes in Bonn als Erinnerung an die Enthüllung äußern, erkläre ich mich einverstanden. Ich wäre, wie Wasielewsky vorschlug im Oktober gekommen, und bin nun eben so bereit, wenn es dem Comité für besser gilt im Winter zu erscheinen. Das will ich auch Herrn Prof. Schaafhausen mittheilen. Brahms Requiem ist allerdings das passendste. Nur ist es dann, wenn Sie noch Solo dazu spielen, gar nicht angebracht auch einen 2ten Solisten zu beschäftigen, und muß das sehr wohl überlegt werden; denn eine Sinfonie von Schumann sollte doch auch nicht fehlen. Nicht als ob ich nicht beson-ders gerne dabei wäre, und mich geehrt fühlte mitzuwirken! Aber aus praktischen Gründen. Allenfalls zu überlegen wäre folgende Combination: Requiem von Schumann, Violin-Concert von Brahms, und etwa E moll Concert-Stück für Klavier und kleinere Solostücke für Klavier allein. Was meinen Sie eventuell dazu? Ich schreibe dies nur unter dem Eindruck selbst etwas zu thun zu haben, als momentane Eingebung. Es macht nicht den Anspruch ein richti-ges Programm für die Gelegenheit ⎡angenommen⎤ zu sehen. Morgen reisen Sie also nach Gastein; das Wetter kann wenigstens nimmer schlechter werden! Auch in Salzburg regnets natürlich immerzu. Sonst habe ich gute Nachrichten. Herzliche Grüße an die lieben Ihrigen, denen wie Ihnen der Luftwechsel recht gut thun möge.
Ihr Sie stets verehrender
Joseph Joachim
d. 20ten
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