Liebe verehrte Freundin!
Es war mir eine große Beruhigung, für die ich Ihrer lieben Marie herzlich danke, gleich von Ihrer glücklichen Ankunft in Heidelberg zu hören; denn Ihre Klagen an der Bahn hatten mich recht ängstlich gemacht. Möchte doch der Arzt auch Ihnen Beruhigung nach Frankfurt mitgegeben haben! Ich denke Sie werden morgen in der Ruhe des lieben Heims von den Kindern umgeben gute Stunden genießen können. Gebe Gott, daß es sich so verhalte! Wenn Wünsche, wie sie heute und morgen in den Gedanken und Herzen vieler Getreuen für Sie lebendig sein werden, etwas vermöchten, verehrte Frau, wie schön würden sich Ihre Tage gestalten! Sie sind uns allen so recht ein Mittelpunkt für alles Gute und Liebe, und wir wünschen uns noch recht lange mit unserem treuen Empfinden daran zu erbauen. Wir wollen hier heute an meines Ältesten Geburtstag mit Spitta’s und Kruse’s bei mir recht herzhaft auf Ihr Wohl anstoßen! Wären Sie doch dabei! Ich fand meine Lieben wohl und fleißig; bis jetzt haben mir meine Kinder unberufen nur immer Freude gemacht, eine Entschädigung für manches Herzeleid, das auch ich erfahren. Wie entbehre ich es aber die lieben Mädels nicht immer um mich zu haben. Ich habe die Münchner Tage in dieser Beziehung recht genossen, und hoffe daß ich Mariechen und Sephchen noch manchmal dort glücklich beieinander sehen werde. Von Johannes und Frau von Beulwitz, die treu im Hause waltet, sage ich verehrungsvolle Grüße, und beste Wünsche.
Alle Ihren herzlich grüßend
der altergebene
Joseph Joachim
Bendler-Str. 17. d. 12. Septbr 1891
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