23.01.2024

Briefe



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ID: 17570
Geschrieben am: Montag 12.07.1886
 

Berlin, d. 12ten Juli

Liebe verehrte Freundin!

Es ist mir eine rechte Sonntagsfreude Ihnen für Ihre lieben Zeilen zu danken. Ich weiß auch wenn Sie nicht schreiben wie gut Sie’s immer mit mir meinen; aber freilich ist es schöner von Ihnen etwas Gutes zu lesen, als sich’s bloß zu denken. Manches Freundliche und Herzliche brachte mein 55ter!!! Geburtstag; ich wundre mich immer, daß so viele dran denken, da ich mir meiner Unterlassungs-Sünden nur allzubewußt bin. Ihre Grüße an Levy’s und an Frau v. Beulwitz kann ich nicht mündlich bestellen; ersterer ist in Ponteresina, letztere seit 8 Tagen mit Paul in Schlesien bei ihrer Tochter Frau v. Kehler, so daß ich mit Johannes allein hier wirthschafte, der mir ein gar lieber Geselle ist. Da Paul’s Schulferien schon am 3ten Juli begannen war’s für ihn besser in die gute Loewenberger Luft über zu siedeln, und Frau v. B. ist der Aufenthalt bei ihren Kindern auch zu gönnen. Später soll Paul noch an die Ostsee, die ich bei dieser Gelegenheit Anfangs August (auf dem Weg meinen Soldaten in Stargard besuchend) auch auf ein bis zwei Wochen kennen lernen will. Später gehe ich dann nach dem geliebten Salzkammergut, wo ich Sie zu sehen hoffe. Meine Töchter sind schon seit 6 Wochen in Salzburg In meinem früheren Haus, das ich wie Sie wissen weg gegeben habe. – Mit Levy habe ich die Frage über die Möglichkeit Sie in einem der Philh. Concerte hier zu hören viel debattirt; wie von Herzen alle sich’s wünschen (auch der Cassirer der Gesellschaft!) ist Ihnen wohl bewußt. Ich will wenigstens die Daten der Concerte herschreiben, die ich dirigire: 15. Octbr, 12. Novbr, 9. Decbr, 31. Jan., 10. Febr., 15. April. Wie denken Sie über diese Tage? Wohl gar nicht, fürchte ich. – Ich habe einem jungen Elsäßer versprochen Ihnen von ihm zu schreiben, da er sich wegen eines französischen Aufsatzes für eine Monatsschrift über Schumann an Sie wenden möchte. Es ist ein liebenswürdiger, gebildeter Mensch von dem besten Willen beseelt seinen Enthusiasmus für den Componisten auch den Franzosen mitzutheilen. Am besten thue ich wohl seinen Brief mitzuschicken: le voila! Nun noch viele Grüße von Herzogenberg, Bargiel und Wach, der zufällig hier. Beide erstere haben heute Vormittag bei mir Musik gehört, und B. war wirklich sehr nett, wie in ältester Zeit. Ich schließe eilig, da ich zu Mendelssohns, essen, muß. Grüßen Sie die lieben Töchter, und auch die Janotha, über die ich mit Ihnen in Theilnahme und Urtheil übereinstimme. Herzlich Ihr
J. J.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1300ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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