Berlin d. 24. Sept.
Verehrte Freundin!
Wenn ich auch weiß, daß kaum eine Wahrscheinlichkeit vorhanden ist Sie zu bewegen in einem der diesjährigen Concerte der Philharmonischen Gesellschaft hier zu spielen, so kann ich doch die Frage nicht unterlassen: wäre die Möglichkeit vorhanden Sie zum 13ten November hier zu hören? Wie unbeschreiblich nicht nur ich, sondern „alle Menschen“ sich freuen würden, sage ich gar nicht, denn das fühlen Sie uns an! Leider aber muß ich gewissenhafter Weise hinzu fügen, daß die Concerte diesmal in einem größern Saal stattfinden, was Ihnen nicht lieb sein wird, aber das Gute für uns hat<te>, daß wir das Honorar reichlicher bemessen könnten als früher. – Liebe Frau Schumann, es wäre zu reizend kämen Sie! Hoffentlich ist in Ihrem Befinden keine Veränderung vorgefallen; ich hatte recht meine Freude wie frisch Sie nach Gastein waren. Mir geht es jetzt auch besser, nachdem mich erst die Kur sehr angegriffen hatte. Ich muß Ihnen noch nachträglich die herzlichsten Grüße der Königin von Hannover senden, die bös war, daß ich ihr nichts von Ihrem Geburtstags- Datum gesagt hatte; sie spricht oft und immer mit größter Verehrung von Ihnen; auch Prinzessin Mary, die Ihnen glaube ich sehr gefallen würde. Übermorgen kommen meine ältesten Söhne auf 14 Tage hierher; ich bin seit dem 20ten zurück. Lassen Sie mir recht bald ein Wort über den 13. Novbr schreiben; leider ahne ich welches! Ich thue aber nicht eher Schritte bis ich’s habe.
In Verehrung, und die lieben Ihrigen grüßend
Joseph Joachim
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