Berlin d. 27 April 1877.
Liebe Frau Hegar,
ich danke Ihnen recht von Herzen für Ihre freundlichen abermaligen Bemühungen, vor allem auch für das gütige Anerbieten Ihres Fremdenzimmers, wovon mein Sohn gern Gebrauch machen wird. Ich bin doch sehr dafür, daß er sich das Zimmer selbst aussucht (da die Frau Rohr |2| unter Zweien die Wahl läßt.) Aber die Bitte habe ich an Sie, daß Sie vor meines Sohnes Ankunft noch ’mal mit Frau Rohr sprechen, daß sie meinem Sohne nicht den Vorschlag macht, auswärts den Mittagtisch zu nehmen, denn in den Restaurationen bekommt er doch nur schlechtes Essen, für ihn aber ist einfache aber kräftige Kost das nöthigste. Will er seine Freunde sehen, so kann er das Nachmittag beim Kaffee, oder Abends nach dem Essen, beim Biere. Ich fürchte, |3| stellt man ihm die Wahl, so denkt er nur an sein Vergnügen, nicht an den Nutzen. Nun muß ich noch um Eines bitten. Er braucht nämlich verschiedene Garderobe, da er aber höchst unpractisch ist, so wird er, geht er allein als Fremder zu einem Schneider, geprellt, und darum habe ich die große Bitte an Ihren lieben Mann ihm einen Schneider zu empfehlen, und mit ihm dahin zu gehen, ferner bei Diesem für Felix gut zu sagen. Ich bezahle nämlich seine Schneider u. Schusterrechnungen immer direct, da ich |4| ihm viel Geld nicht anvertrauen darf. Er ist nicht verschwenderisch, aber versteht es nicht einzutheilen, es schwindet ihm unter der Hand fort und dann hat er es nicht, wenn er es braucht. So werde ich auch die Miethe ┌u Auslagen an Wäsche ect. ┐ monatlich von hier aus berichtigen, ┌darüber schreibe ich direct an die Leute, sobald mein Sohn gemiethet hat. ┐ und sende Ihnen ┌aber┐ <>nächster Tage 100 Frs. mit der Bitte Diese meinem Sohne bei seiner Ankunft zu übergeben, da er bei der Universität verschiedene Ausgaben hat. Ich konnte ihm nicht mehr nach Meran schreiben, da er morgen schon abreist, aber in München findet er meinen Brief wo ich ihm schrieb, daß er Ihrem gütigen Anerbieten zufolge bei Ihnen absteigen möge. |5| Er wird Montag, oder spätestens Dienstag eintreffen.
Ich erhielt gestern Brief v. Brahms, der große Lust hat wieder nach Rüschlikon im Sommer zu gehen. Das wird Ihren lieben Mann gewiß besonders freuen, und mich würde es auch für Felix sehr freuen.
Nochmals von Herzen Ihnen Beiden dankend.
Ihre
Clara Schumann.
|6| Ich bin so enorm beschäfftigt daß Sie meine flüchtigen Zeilen freundlich entschuldigen wollen.
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