23.01.2024

Briefe



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ID: 17892
Geschrieben am: Sonntag 10.07.1887
 

Hochverehrte Frau! Gnädigste Frau!

Der im Jahre 1833 hier am Krönungsdome zu St. Martin gegründete „Pressburger Kirchenmusikverein“, welcher bereits Beethovens grosse D Messe und Liszt’s Graner und Krönungsmesse u. a. wiederhohlt während des Kath. Gottesdienstes zur Kirchenaufführung gebracht hat, beabsichtiget an den Kirchenfesttagen <des> und -Sonntagen des 14. 15 und 28. August lfd Vormittags 9 Uhr zum Hochamte die „Missa sacra“ Op 147. Ihres grossen Gatten im Dome zur ersten Kirchlichen Aufführung zu bringen und zwar über Antrag seines Kapellmeisters Joseph Thiard-Laforest. Gestatten Sie mir, hochverehrte Frau, Ihnen dies zuvörderst als Thatsache mittheilen zu dürfen und daran eine und die andere höfliche |3| Bitte zu knüpfen. Meines Wissens ist dieses dem kath. Cultus gewidmete Tonwerk R. Schumanns noch niemals reiner Bestimmung gemäß auf einem kath. Kirchenchore zu Gehör gebracht worden. Ich möchte daher in hiesigen Localblättern eine eingehende – sagen wir – Vorbesprechung des Werkes liefern. Inwieferne nun Sie, hochverehrte Frau, die Güte dazu finden, möchte ich gebeten haben, mir freundlichst angeben zu wollen eventuell die gedruckten Quellen, wie, wann und unter welchen Umständen Ihr großer Gatte dazu gekommen, ein kath. kirchliches Werk nämlich seine „Missa sacra“ zu componiren, da solche Aufklärungen das nöthige Licht auf dieses religiöse Werk werfen würden. Das jedwede Art von Neugierde bei meiner Bitte ausgeschlossen ist, darf ich wol voraus-|4|sitzen, denn mir liegt es allein daran, unserem Kirchenpublikum die richtige Einführung zu bieten. Übrigens wird Ihre Schülerin Frl. K. Geisler (eine Pressburgerin) mir gewiss nicht das Zeugnis versagen, dass jedwede Ihrer mich hochbeglückenden etwaigen Mittheilungen Keinem der Musik unwürdigen Scolaren noch einem Manne zutheil wird, der Werke des Genius nicht hochzuachten verstände. Das Studium der Partitur der „missa sacra“ nehme ich – Sie gestatten es zu sagen – ganz auf mich. Ich werde es auch versuchen, dass [sic] Wesen des Kunstwerkes zu erkennen, so weit dies Unsereinem möglich, aber das Intimere bleibt doch verschlossen. Es ist nur die bittende Frage, ob Sie, hochverehrte Frau, den Schlüssel liefern wollen? Wie immer er sei, |5| ich bitte sehr ergeben es als ein huldigendes Zeichen unseres alten Vereines annehmen zu wollen, wenn der hochwürdigste Vorstand desselben Tit. Bischof Abt Domherr und Stadtpfarrer Karl Heiller durch mich die höfliche Anzeige der Kirchenaufführung ergehen lässt, deren musikalische Lösung dem Vereinskapellmeister Joseph Thiard-Laforest, einem gediegenen Dirigenten, obliegt. Selbst für den Fall, als Sie, hochgeehrte Frau, entscheiden sollten, meinen obigen Bitten sei keinerlei Gehör zu schenken, werde ich mir erlauben, Berichte über die Aufführung einzusenden.
In aller und wahrer Verehrung
Joh. Batka
Sekretär des KmVereines
zu Pressburg, Archivar
und Vicestadthauptmann
der Stadt Pressburg.
Pressburg in Ungarn 10/VII 1887.
Adresse Rathhaus Pressburg

  Absender: Batka, Johann Nepomuk (2037)
  Absendeort: Preßburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 4
Briefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger, Anna Franz geb. Wittgenstein, Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Österreich / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-015-5
60ff

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 5,107
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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